Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

von den Kroaten, die an und für sich im Lande in der Minorität sind, 
alle anderen, im vorstehenden namhaft gemachten Parteigruppen einer 
solchen Idee schroff gegenüberstehen.“ 
Aber kaum stand durch die Gewährung des Landtages eine freiheit¬ 
liche Verfassung in Aussicht, als auch schon Unzufriedenheiten und 
Forderungen laut wurden 
Zunächst klagten die Serben, daß sie mit ihren fünf Virilstimmen 
gegen sieben der Katholiken im Nachteil seien, obgleich sie die numerische 
Majorität im Lande repräsentierten. Sie remonstrierten dagegen, daß der 
Präsident des Landtages ernannt und nicht gewählt werde und dagegen, 
daß die drei Konfessionen im Präsidium wechseln, während sie dieses 
Privileg als stärkste Bevölkerungsgruppe für sich allein beanspruchten. 
Aber auch die anderen Wortführer, ohne Unterschied des Glaubens, 
waren mit dem Wirkungskreis des Landtages unzufrieden. Sie beschwer¬ 
ten sich, daß der Landtag auf die gemeinsamen Angelegenheiten der 
Monarchie, auf das Zoll- und Militärwesen, auf die Bahnen keine Ingerenz 
habe und sein legislatives Wirken an die Zustimmung der österreichischen 
und der ungarischen Regierung gebunden sei. 
Nicht nur gegenüber den politischen Vorgängen, welche die Keime 
künftiger Verwicklungen bargen, sondern auch gegenüber den Einwürfen 
hinsichtlich des Militär- und des Bahnwesens hieß es die Augen offen 
halten, um nicht diese wichtigen Zweige in die Hände einer Partei 
gelangen zu lassen, deren Loyalität zum mindesten fraglich war. 
Dies veranlaßte mich, die Vorgänge in B. H. auch bei Seiner Majestät 
zur Sprache zu bringen, wenn ich es aus militärischen Rücksichten für 
notwendig erachtete. 
So vertrat ich in einer Audienz am 18. März 1910 erneuert die schon 
1907 erbetene Änderung der Stellung des zu einer Schattenfigur herab¬ 
gedrückten Landeschefs in B. H.*), im Sinne einer Erweiterung seiner 
Befugnisse, auch gegenüber dem ihm beigegebenen Ziviladlatus. Als nach 
Rücktritt Baron Benkos die Neubesetzung letzteren Postens einzutreten 
hatte, kamen als Nachfolger der jahrelang hervorragend bewährte 
*) Landeschef war ein hoher General, der auch das militärische 
Kommando führte; ihm für die Zivilverwaltung beigegeben war ein Zivil¬ 
adlatus, ohne dessen Zustimmung er nichts verfügen durfte. Der Zivil¬ 
adlatus erhielt seine Weisungen vom gemeinsamen Finanzminister (in 
Wien), der damit der eigentliche Regent des Annexionsgebietes war. Er 
war außer Seiner Majestät als gemeinsamer Minister den Delegationen 
verantwortlich.
	        
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