Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Bei all dem ist nicht zu vergessen, daß die Lombardei und Venetien 
nach langen, opfervollen Kämpfen von der Monarchie erworben, aber 
von Italien unter skrupelloser Ausnützung momentan günstiger Verhält¬ 
nisse derselben wieder abgenommen wurden. 
Ich erachte also einen Krieg gegen Italien für ein Gebot und die Aus¬ 
nützung der jetzigen Lage für das angemessenste. 
Diese Lage vorüberstreichen zu lassen, ohne sie zu benützen, 
erschiene mir als ein Versäumnis. 
Dieses Benützen könnte allerdings auch durch Verfolgen der 
politischen Ziele auf dem Balkan geschehen, doch dürfte dies zu einer 
viel schwierigeren Situation mit Rücksicht auf Rußland führen, immerhin 
erschiene auch dies diskutabel. 
Aber weder das eine noch das andere zu tun, erschiene mir nicht 
zu rechtfertigen. 
Ich glaube im Vorstehenden angedeutet zu haben, wie tief die militä¬ 
rischen Kräfteverhältnisse in die Leitung der Politik hineinreichen, wie 
innig verknüpft militärische Machtfaktoren, konkrete Kriegsvorbereitungen 
und Richtung der Politik sind, und damit auch begründet zu haben, daß 
die mir ressortmäßig obliegenden Arbeiten ein derartiges Eingehen auf 
die politische Situation nicht nur rechtfertigen, sondern geradezu bedingen, 
umsomehr als, wie ich dies schon wiederholt geltend gemacht habe, 
sowohl die allgemeinen, als ganz besonders auch die sogenannten 
konkreten Kriegsvorbereitungen von langer Hand vorbereitet sein müssen, 
sich nicht im letzten Moment improvisieren lassen, daher beizeiten auf 
ein bestimmtes, dem großen Zug der Staatenentwicklung angepaßtes 
politisches Ziel gerichtet zu sein haben, nicht aber dem Wechsel einer 
sich nur von äußeren Einflüssen abhängig machenden Politik folgen 
können. 
Sollte ich jene Mächtegruppierung bezeichnen müssen, welche ich 
vom Standpunkte der militärischen Machtfaktoren — und nur diese sind 
von meinem Ressortstandpunkte aus für mich entscheidend — als die 
für die Monarchie ersprießlichste erachte, so wäre dies eine Verbindung 
der Monarchie mit Deutschland und Rußland, aber ohne dieses Bündnis 
durch weitere Ententen zu komplizieren und zu verwässern. 
Wenn ich im Vorstehenden die militärischen Machtverhältnisse in 
Erwägung gezogen habe, so geschah dies vorwiegend mit Bezug auf 
die numerischen Verhältnisse, oder kurz gesagt, auf die Zahl der 
Divisionen erster und zweiter Linie. 
Dieser Vergleichsmaßstab wäre aber sehr einseitig, wenn dazu nicht 
auch alle sonstigen Verhältnisse der bewaffneten Macht, als: Ausrüstung, 
technische Kriegsmittel, Bewaffnung, Befestigungen, Spezialformationen, 
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