Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

von Verhältnissen ab, welche dermalen noch zu wenig klar liegen; fast 
siheint es aber, daß Rußland mit solchen Aspirationen der Monarchie 
rechnet, da es jetzt schon daran geht, Galizien, mindestens dessen Ost¬ 
hälfte für den Anschluß an Rußland zu präparieren, sei es, um sein 
Gebiet bis an die Karpathen auszudehnen, sei es, um sich für Gebiets¬ 
verluste in Kongreßpolen (Herzogtum Warschau) schadlos zu halten. 
Wenn ich alles Vorstehende resümiere, so ergibt sich als ausschlag¬ 
gebend für die militärische Lage folgendes: 
Deutschland und Rumänien müssen als Verbündete betrachtet werden. 
Italien, Rußland, Serbien, Montenegro sind als direkte Gegner der 
Monarchie ins Auge zu fassen. 
Die übrigen Staaten mit Ausnahme der Schweiz kämen nur indirekt 
als Gegner oder Verbündete in Betracht; Frankreich und England nur 
so weit direkt, als es ihre Seestreitkräfte betrifft. 
Die Schweiz wäre, soweit es bei ihrer Neutralität möglich erscheint, 
als Verbündeter sicherzustellen. 
Vergleicht man nun die militärischen Machtmittel der Monarchie mit 
den obdargelegten politischen Erwägungen, so ergibt sich folgendes: 
-Diese Machtmittel ermöglichen es: 
a) einen Krieg gegen Rußland zu führen unter der Voraussetzung, daß 
dies gemeinsam mit Deutschland geschieht, daß Italien sicher neutral 
bleibt und gegen Serbien und Montenegro nur die notwendigsten 
Kräfte belassen werden, lediglich ausreichend, die Situation aufrecht 
zu erhalten, bis auf dem Hauptkriegsschauplatz die Entscheidung 
gefallen ist; 
b) die obige Möglichkeit besteht auch, falls Deutschland überdies gegen 
Frankreich engagiert wäre, sonach seine Hauptkräfte anfänglich gegen 
dieses gerichtet hätte, sie bestünde umsomehr, wenn Italien nicht nur 
neutral, sondern aktiv an der Seite Deutschlands stehen würde; 
c) einen Krieg gegen Italien zu führen, wenn man der Neutralität 
Rußlands sicher wäre und gegen Serbien und Montenegro jene 
Minimalkräfte beließe, wie unter a) angegeben; 
d) einen Krieg gegen Serbien und Montenegro zu führen, dabei aber 
so viele Kräfte noch bereit zu haben, um nicht ohne Chancen sich 
noch rechtzeitig gegen Rußland oder Italien wenden zu können, 
wenn einer dieser Staaten plötzlich gegen die Monarchie eingreifen 
sollte, dabei hinsichtlich Rußlands vorausgesetzt, daß Deutschland 
gemeinsam mit der Monarchie vorginge. 
Die militärischen Machtmittel reichen jedoch nicht aus, um 
gleichzeitig mit Chance einen Krieg gegen Italien, Rußland, 
Serbien und Montenegro zu führen. 
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