Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Griechenland hat bei seinen nicht sehr entwickelten mili¬ 
tärischen Verhältnissen dermalen wenig politisches Gewicht, wird aber 
immerhin als Gegner der Türkei in Rechnung zu stellen sein. 
Bulgarien verfolgt eine sehr selbständige Politik, hat keine 
direkten gegen die Monarchie gerichteten Aspirationen, dagegen indirekt 
jene, welche es in Gegnerschaft zur Türkei bringen, ferner jene, welche 
auf Ausdehnung seiner Machtsphäre gegen Serbien, Albanien und 
Mazedonien gerichtet sind, endlich jene, welche es in Gegensatz zu 
Rumänien stellen, insoweit letzterer Staat als Verbündeter der Monarchie 
in Betracht kommt. 
Rumänien. Wenn auch in Rumänien die Keime einer gro߬ 
rumänischen, schließlich auf die rumänischen Gebiete der Monarchie 
gerichteten Propaganda vorhanden sind, so liegen doch in der Bedrohung 
durch Bulgarien, in dem Streben nach Erwerbung Beßarabiens und in 
der Bedrohung durch Rußland so gewichtige Momente für den Anschluß 
Rumäniens an die Monarchie, daß mit diesem Anschluß gerechnet werden 
kann. 
Der große militärische Vorteil, welcher für die Monarchie in einem 
aktiven Zusammengehen Rumäniens mit der Monarchie im Falle eines 
Krieges der letzteren gegen Rußland gelegen ist, läßt es dringend 
erscheinen, Rumänien als Alliierten zu erhalten. 
Deutschland. Lassen sich auch hinsichtlich der Verfolgung 
wirtschaftlicher Interessen am Balkan und im europäischen Orient 
zwischen Deutschland und der Monarchie gewisse Konfliktspunkte wahr¬ 
nehmen, so ist doch die Erhaltung jedes dieser beiden Staaten derart an 
ein Miteinandergehen gebunden, daß das Bündnis mit Deutschland die 
Grundlage für jedwede Politik der Monarchie bilden muß; auf diese 
unerschütterliche Voraussetzung sind auch alle militärischen Vorkehrungen 
basiert, was ich erneuert besonders hervorheben muß mit dem Beifügen, 
daß ein Wechsel in der Politik gegen Deutschland Jahre vorher 
angekündigt werden müßte, wenn es möglich sein sollte, die gegen 
Deutschland zu richtenden Kriegsvorbereitungen rechtzeitig zu bewirken, 
weil dabei vor allem auch eine eingehende Sanierung der Bahnverhältnisse 
in Frage käme. 
Frankreich. Die Interessengemeinschaft der Monarchie mit 
Deutschland läßt Frankreich als Gegner der Monarchie erscheinen, 
sobald dasselbe mit Deutschland in Konflikt gerät. Das gleiche gilt von 
England; beide kommen für die Monarchie insoweit in Betracht, 
als sie Landstreitkräfte Deutschlands abziehen und als eine direkte 
Bedrohung der Monarchie durch Seestreitkräfte dieser Staaten zu 
gewärtigen ist. 
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