Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

als slawische Vormacht und das Streben nach Erweiterung seiner 
maritimen Machtsphäre. 
Das erstere Moment ist Ursache der Wühlarbeit Rußlands in den 
slawischen Gebieten der Monarchie, insbesondere abzielend auf Gewin¬ 
nung des ruthenischen Elementes, ferner Ursache der engen Beziehungen, 
welche Rußland mit Serbien und Montenegro unterhält; das letztere 
Moment spricht sich in dem Streben nach gesichertem Besitz der Ostsee¬ 
gebiete (Finnland), der Festsetzung am Weißen Meer, vor allem aber in 
dem Streben nach dem Besitz der Dardanellen und des Bosporus aus, 
hier, um die Fahrt ins Mittelmeer frei zu haben. 
Von diesen Momenten sind es die ersteren, welche Rußland direkt 
in Gegnerschaft zur Monarchie bringen können, doch dürften vielleicht 
die letzteren das Mittel bieten, sich mit Rußland auszugleichen, wenigstens 
für jene Zeit, zu welcher man positive Ziele an anderer Stelle verfolgt. 
Dabei muß es als richtunggebend bezeichnet werden, daß die Politik 
es unbedingt zu vermeiden wisse, die Monarchie gleichzeitig zu mehreren 
Nachbarn, also insbesondere Rußland, Italien und den Balkanstaaten, in 
Gegnerschaft zu bringen. Da jedoch letztere hinsichtlich Italiens und der 
Balkanstaaten zweifellos besteht und sicher in die Erscheinung treten wird, 
so legt es sich nahe, mit Rußland Beziehungen anzubahnen, welche 
dessen Gegnerschaft gegen die Monarchie aufheben. 
Serbien und Montenegro. Wie schon oben erwähnt, steht 
die Politik dieser Staaten in engem Zusammenhang mit jener Rußlands; 
letzteres wird seine Stellung als Schutzmacht dieser Staaten kaum je preis¬ 
geben können und wird diese beiden Staaten stets als Verbündete gegen 
die Monarchie bereit haben wollen; aber auch Italien wird auf beide 
stets als Verbündete gegen die Monarchie rechnen, wozu es genau so 
wie Rußland enge Beziehungen mit beiden aufrecht erhält. 
Serbien und Montenegro selbst aber sind, nachdem man beide 
Staaten groß und selbständig werden ließ, ängstlich darauf bedacht, sich 
diese souveräne Stellung zu wahren und sehen daher in der Monarchie 
als nächsten mächtigen Nachbarn, der diese Souveränität bedroht, ihren 
Gegner, umsomehr, als auch faktisch, wie später noch ausgeführt werden 
soll, die Monarchie auf Einverleibung dieser Gebiete (in irgend einer 
Form) gewiesen ist. 
Die eigenen Entwicklungsbestrebungen Serbiens sind auf Vereinigung 
aller serbischen, im weiteren Sinne aller südslawischen Elemente in ein 
selbständiges Königreich Serbien und daher auch auf die Erwerbung 
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