Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Zur Beleuchtung dieser Zahlen möchte ich noch anführen, daß 
während die Monarchie für ihre seit Jahren rückständige Landmacht nur 
200 Millionen außerordentliche Ausgaben vorsieht, das kleine Rumänien 
für sein Heer eine Anleihe von 200 Millionen Lei, also nahezu ebensoviel, 
in Aussicht nahm, wovon 52 Millionen, auf zwei Jahre verteilt, bereits 
bewilligt sind. 
Ich erlasse es mir, auf die enormen Summen einzugehen, welche der 
kolossale Verwaltungsapparat mit seinen zahllosen Beamten und deren 
Versorgungsgenüssen verschlingt, ferner auf die einer komplizierten 
Organisation entspringende Sterilität des Staatsbahnbetriebes, endlich auf 
die Konsequenzen einer wenig großzügigen Finanzpolitik; ich bitte aber 
a. u. nur beispielsweise anführen zu dürfen, daß, so weit ich orientiert 
bin, die Zahl der Staatsangestellten in Österreich 236.200 
in Ungarn 300.000 
also in Summe . . 536.200 betragen soll, 
also weit mehr, als der mit 415.300 bezifferte Friedensstand des Fleeres, 
der Kriegsmarine und der beiden Landwehren zusammengenommen. 
Zu dieser Staatsangestelltenzahl käme dann noch die Zahl der 
autonom-behördlichen etc. etc. Organe. 
Ich bitte nun Euer Majestät a. u. wie folgt resümieren zu dürfen: 
In der Restringierung der für das gemeinsame Heer von mir 
geforderten Kredite auf 200 Millionen Kronen und in deren bindenden 
Verteilung auf fünf Jahre sehe ich eine überaus bedenkliche Schädigung 
des gemeinsamen Heeres, welche um so folgenschwerer werden muß, als 
mannigfache Rückstände aus der Periode der Stagnation zu beheben 
sind und als alle in Betracht kommenden voraussichtlichen Gegner der 
Monarchie zielbewußt, energisch und, insbesondere was Italien und Ru߬ 
land betrifft, mit Aufwendung großer Mittel an ihrer militärischen 
Entwicklung arbeiten, wobei Italien jetzt schon die Monarchie in mancher 
Hinsicht überholt hat. 
Ich erachte weiter dafür, daß die Lage drängt, weil die Vorgänge 
am Balkan die Situation jeden Moment ins Rollen bringen und auch 
sonstige Verhältnisse eintreten können, welche zur Aktion zwingen. 
Trotz aller gegenteiligen Behauptungen des Ministers des Äußern 
ist es unverkennbar, daß Italien das Jahr 1912 als Termin für seine 
Kriegsbereitschaft im Auge hat, daß es daher auch an der Monarchie 
wäre, ihre Vorsorgen auf diesen Termin zu stellen, also zu beschleunigen. 
Ich beurteile daher die dermalige Lage als eine außergewöhnliche 
und erachte dafür, daß auch außergewöhnliche Maßnahmen nicht nur 
begründet, sondern unerläßlich sind. 
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