Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Dies zur Beleuchtung der beschränkten Mittel, mit denen die 
Heeresverwaltung zu rechnen hatte, und zur Erklärung des Gewehr¬ 
mangels, an dem die Armee in den ersten Stadien des Krieges litt. 
Die zahlreichen übrigen technischen, organisatorischen, sowie 
sonstigen Maßnahmen übergehe ich und hebe nur die Fortsetzung der 
Aufstellung neuer Feldkanonen-Batterien hervor, für welche das 
Geschützmaterial schon vorhanden war. 
Außer den oben erwähnten Fragen beschäftigten mich aber ganz 
besonders die mit der Politik auf das engste verknüpften konkreten 
Kriegs-Vorbereitungsarbeiten, also auch die poli¬ 
tische Lage und die daraus zu ziehenden Konsequenzen. Wie schon 
früher erwähnt, waren diese Kriegs-Vorbereitungsarbeiten, vor allem 
die Aufmarsch-Elaborate, nahezu unverändert so geblieben, wie sie zur 
Zeit meiner früheren Amtsführung geschaffen worden waren. Hervor¬ 
trat aber die Frage, welchen Weg die Monarchie in der durch den 
Balkankrieg geschaffenen Lage einzuschlagen habe, welche Aufgabe 
daher der Wehrmacht zuzumessen sei. 
Meine diesbezüglichen Anschauungen gehen schon aus den ver¬ 
schiedenen Essays hervor, in denen ich noch als Armee-Inspektor zu 
diesen Fragen Stellung nahm. Es ist natürlich, daß ich diese Anschau¬ 
ungen nunmehr auch als Chef des Generalstabes vertrat. 
Sie gipfelten in folgendem Gedankengang: 
Die nächste schwerwiegende Gefahr droht der Monarchie von Seite 
Serbiens, hinter dem Rußland steht; 
diese Gefahr ist auf friedlichem Wege nicht mehr abzuwenden; 
der Krieg gegen Serbien ist daher unvermeidlich; 
jedes weitere Hinausschieben verschlechtert die Bedingungen hiefür. 
Es muß zu einer Situation führen, welche die Monarchie zum Kampf 
gegen eine übermächtige Koalition oder zum freiwilligen Aufgeben ihres 
Bestandes zwingt; 
die günstigste Gelegenheit wurde 1908 und 1909 versäumt; 
die vorliegende Situation des Jahres 1912 bietet zwar lange nicht 
die gleichen Chancen, ist aber die letzte Möglichkeit, die Rech¬ 
nung mit Serbien erfolgreich auszutragen; 
es ist daher ein Gebot der Selbsterhaltung, sich hiezu 
zu entschließen. 
Die Lage kam hiebei in folgender Weise in Betracht: 
Bulgarien — der vertragsmäßige Alliierte Serbiens — war durch 
den Balkankrieg wesentlich geschwächt, durch die sich erholende Türkei 
gebunden, durch Rumänien bedroht, mit Serbien schon im beginnenden 
Gegensatz, dagegen in freundschaftlichem Verkehr mit Österreich-Ungarn; 
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