Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

„Zweiter Nachtrag zu meinem Essay. 
Wien, am 16. November 1912. 
Seit meinem letzten am 8. November geschriebenen Essay erhielt ich 
gesprächsweise die Mitteilung über die auf früheren Abmachungen basierte 
Möglichkeit der Entsendung eines italienischen Okkupationskorps nach 
Albanien. 
Ich empfand dies wie einen schrillen; Mißton und ersah daraus 
erneuert, in welcher Weise Graf Ährenthal die Monarchie auch in dieser 
Richtung gebunden und benachteiligt hat. 
Diese Eventualität verändert nicht unwesentlich das Bild, unter 
welchem ich meine Essays vom 28. Oktober und vom 8. November 
geschrieben habe, und macht es, um in diesem Bilde möglichst klar zu 
sehen, notwendig, die ganze albanesische Frage einer vorurteilslosen 
und ganz nüchtern rechnenden Betrachtung zu unterziehen, damit die 
Monarchie nicht etwa Opfer auf sich ladet, durch welche schließlich nur 
Italien ein Dienst erwiesen und letzterem ein Vorteil zugewendet wird, 
der in der Folge zu Ungunsten der Monarchie ausschlagen könnte. 
In diesem Sinne steht die Frage voran, worin die Interessen der 
Monarchie bezüglich Albaniens bestehen; es sind dies folgende: 
I. Die kriegsmaritimen Interessen. 
Eine kriegsmaritime Festsetzung irgend eines andern Staates an der 
albanesischen Küste bis südlich Valona wäre für die Seegeltung der 
Monarchie ein empfindlicher Nachteil, muß also hintangehalten werden. 
Die bloße Zusage einer (solchen) Neutralisierung wäre keine aus¬ 
reichende Gewähr; 
letztere muß sich vielmehr auf eine erhöhte Machtstellung der 
Monarchie gründen. 
Diese Machtstellung wäre durch folgendes garantiert: 
a) Nur ö.-u. Kriegsschiffen ist der dauernde Aufenthalt in diesen Häfen 
gestattet; 
b) Österreich-Ungarn besorgt die Seepolizei in diesem Gebiete; 
c) der Hafen von Valona*) wird ö.-u. Kriegshafen, inkl. des umliegenden 
Terrains, soweit es zu seiner militärischen Sicherung notwendig ist. 
*) „Valona als Flottenstützpunkt einer fremden Seemacht würde die 
Adria für die Monarchie zu einem mare clausum machen und jede Aktion 
der k. u. k. Kriegsmarine empfindlich gefährden; Valona dagegen als Stütz¬ 
punkt für die k. u. k. Flotte würde dieser eine äußerst gesicherte Aktions¬ 
freiheit gewähren und die Verteidigung der Adria gegen eine einbrecbende 
feindliche Flotte wesentlich begünstigen, es wäre ein ö.-u. Gibraltar.“ 
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