Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Bei dem plötzlichen Aufschnellen des serbischen Chauvinismus wäre 
es für die Monarchie von großem Vorteil, Serbien eine empfindliche 
Schlappe beizubringen, vor allem wegen der Rückwirkung auf die 
Slawen, speziell die Südslawen im eigenen Gebiet, denen zu zeigen wäre, 
daß sie ihr Gedeihen doch nur innerhalb der Monarchie finden können. 
Allerdings wäre im Einklang damit dieses Gedeihen auch wirklich zu 
fördern und zu garantieren, was besonders hinsichtlich Kroatiens gilt, 
wo geradezu unhaltbare Zustände herrschen. 
Die Interessen, für welche die Monarchie, wenn eine Garantie 
anders nicht erreichbar ist, zu den Waffen zu greifen hätte, wären also: 
Autonomie Albaniens unter ö.-u. Protektorat; 
ö.-u. Kriegshafen in Valona; 
handeis- und verkehrspolitische Vorrechte, welche im Detail von 
Fachmännern zu bestimmen wären. 
Dabei wäre zu trachten, Rußland und Italien neutral zu erhalten, 
mindestens aber einen dieser beiden Staaten. 
Sollten sich jedoch Rußland, Italien und der 
Balkanbund gemeinsam gegen die Monarchie erklä¬ 
ren, dann wäre letztere diesem Krieg gegen drei 
Fronten, wenn sie außer Deutschland und Rumänien 
nicht noch vollwertige andere Alliierte bekommt, 
kaum gewachsen. 
In diesem Falle würde ihr nur erübrigen, gar keine bindenden 
Verpflichtungen einzugehen, gar nicht zu paktieren, sondern sich ganz 
abseits zu stellen, aber den Moment abzuwarten, wo sie unter günstigeren 
Chancen ihr Ziel verfolgen kann, sich für diesen Moment vorzubereiten 
und gegebenenfalls energisch mit der größten Skrupellosigkeit und Rück¬ 
sichtslosigkeit zuzugreifen. 
Was nun das eingangs erwähnte neuaufgetauchte zweite Moment 
betrifft, nämlich die Aspirationen auf asiatische Gebietsteile der Türkei, 
so wäre ehestens eine Enquete maritimer, handelsverkehrs- und finanz¬ 
politischer, sowie militärischer und diplomatischer (Konsular-) Fachleute 
einzuberufen, welche unter weitreichenden Gesichtspunkten die von der 
Monarchie zu erstrebenden Ziele festzusetzen und die Zugeständnisse zu 
fixieren hätte, welche man anderen Mächten zur Förderung der eigenen 
Interessen gewähren dürfte. 
Was nun das Auftreten der Monarchie in den jetzt strittig werdenden 
Fragen anbelangt, so glaube ich, daß dasselbe aus folgenden Gründen 
ein dezidiertes sein kann. In keinem Großstaat besteht die Neigung zu 
einem Krieg, speziell in Rußland besorgen die Dynastie, die besitzende 
Klasse, hohe Staatsangestellte und dergleichen die Revolution, außerdem
	        
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