Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Daher läßt sich dermalen auch nicht ein bestimmter Weg angeben, 
an welchem die Monarchie starr testzuhalten hätte, sondern es wird 
darauf amkommen, auf dem zu gewärtigenden Kongreß einen sehr 
gewandten Vertreter zu haben, der unter zielbewußter und geschickter 
Ausnützung der Konstellation die möglichsten Vorteile für die Monarchie 
sicherstellt. 
Dies enthebt jedoch nicht von der Pflicht, sich schon beizeiten über 
die möglichen Ziele und über die großen Richtlinien ins klare zu kommen, 
von welchen man sich hiebei wird leiten lassen müssen. 
Ich bin der Ansicht, daß man dabei nur große, weitreichende Gesichts¬ 
punkte ins Auge fassen und nicht sich von dem bloßen Streben leiten 
lassen darf, an der Beute auch noch wenigstens einen kleinen Anteil zu 
haben, lediglich damit es nicht heiße, man sei leer ausgegangen. 
Als solcher großer Gesichtspunkt erscheint mir folgendes: 
Die Monarchie tritt dem Balkanbund bei; 
die kleinen Balkanstaaten treten in das Verhältnis wie Bayern im 
Deutschen Reich. 
Sollte dies nicht erreichbar sein, so müßte mindestens in folgendem 
Gemeinsamkeit bestehen: 
ein einziges Zoll- und Handelsgebiet; 
Lösung aller gemeinsamen Fragen im Bundesrat, zu welchem jeder 
Staat seinen Minister des Äußern, seinen Kriegsminister, seinen Chef des. 
Generalstabes und seinen Finanzminister delegiert. 
Als gemeinsame Fragen wären zu behandeln: 
Äußere Politik; 
Kriegsvorbereitungen in großen Zügen; 
Heeresentwicklung und Organisation im großen (jeder Staat wäre 
im Detail selbständig); 
Finanzpolitik (gemeinsames Münzwesen); 
Handels- und Verkehrspolitik. 
Wäre es möglich, als Bundesherm den Kaiser von Österreich durch¬ 
zusetzen, so wäre dies ein anstrebenswerter Erfolg, wenn nicht, so würde 
eben nur der Bundesrat als gemeinsames leitendes Organ fungieren. 
In dieser allgemein gehaltenen Denkschrift erscheint ein Eingehen 
auf weitere Details nicht opportun. 
Dieses Bundesverhältnis würde also von den Balkanstaaten zunächst 
Serbien, Bulgarien, Montenegro, Griechenland umfassen; es bleiben noch 
Rumänien und Albanien. 
Rumänien wäre zum Beitritt zum Bund einzuladen. 
Albanien wäre autonom zu machen, jedoch unter direktem öster¬ 
reichischen Protektorat; hierauf soll später noch eingegangen werden. 
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