Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Was die Anlage unserer Befestigungen betrifft, so sind diese unendlich 
weit hinter den analogen Leistungen Italiens zurück; schon der jährliche 
Fortifikationskredit von 30 Millionen Lire gegenüber den diesseitigen 
von kaum 6 Millionen Kronen spricht deutlich; in gleicher Weise sind 
die diesseitigen Truppenverlegungen ganz minimal gegenüber den offen¬ 
kundig gegen die Monarchie gerichteten italienischen; auch alle anderen 
militärischen Maßnahmen stehen weit hinter jenen Italiens zurück. 
Niemand zielt hierseits darauf ab, in der öffentlichen Meinung den 
Gedanken zu erwecken, daß der Krieg mit Italien eine beschlossene 
Sache sei; dies verbietet schon die Klugheit, weil man wohl einen Krieg 
nicht früher annonciert, sondern eher das Gegenteil tut, um eintreten¬ 
denfalls mit den bereitgestellten Mitteln den Gegner möglichst zu über¬ 
raschen. 
Italiens Maßnahmen tragen deutlich diesen Charakter, sind durch¬ 
aus nicht bloße Gegenmaßregeln, mahnen vielmehr dringend dazu, mit 
militärischen Gegenmaßnahmen eigenerseits nicht im Rückstand zu 
bleiben; hiefür zu sorgen, ist die eminenteste Pflicht meiner Stellung. 
Ich würde in dieser Hinsicht der schwersten Pflichtverletzung mich 
schuldig machen, wenn ich mich durch irgendwelche Einflüsse ein¬ 
schüchtern ließe, dieser Pflicht unentwegt nachzugehen. 
Die Überzeugung von der Unvermeidlichkeit eines durch positive 
eigene Interessen bedingten Krieges zwischen der Monarchie und Italien 
hat in italienischen Kreisen — und zwar nicht nur in militärischen, 
sondern auch in zivilen — unendlich viel mehr Anhänger als in der 
Monarchie, obzwar auch in dieser Hinsicht sehr maßgebende nicht¬ 
militärische Kreise von der schließlichen Unvermeidlichkeit dieses 
Krieges überzeugt sind. 
Will man nicht zu dem Mittel greifen, diesen Krieg im selbst¬ 
gewählten Moment unter Ausnützung temporärer Überlegenheit zu 
führen — und hierauf hat ja unsere Politik vor Jahren verzichtet — so 
erübrigt nur, jene Maßnahmen zu treffen, welche als das Dringendste 
der Vorbereitung zu einem solchen Kriege bezeichnet werden müssen. 
Sie zu unterlassen, damit der italienischen Regierung die Stellung 
nicht erschwert und die sehr problematische Friedensgeneigtheit Italiens 
nicht irritiert werde, erschiene mir als unverantwortliches militärisches 
Versäumnis, ganz besonders im vorliegenden Falle, welcher sich bereits 
jetzt schon durch eigenes Zurückbleiben hinter den forcierten mili¬ 
tärischen Maßnahmen Italiens charakterisiert. 
Überdies bin ich der Ansicht, daß eine militärisch vorbereitete, 
kraftvoll dastehende Monarchie viel eher die Allianzgeneigtheit Italiens 
erreichen wird, als eine Monarchie, deren militärische Rückständigkeit 
252
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.