Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

„Beilage 2 a. 
An Seine Exzellenz General der Infanterie Franz Freiherrn von Schönaich 
in Wien. 
M alborgeth, am 25. Juni 1911. 
Verfolgt man die italienische Presse der letzten Jahre und vor¬ 
nehmlich die italienische Publizistik der jüngsten Zeit, so leuchtet — im 
vollen Gegensätze zu unserer Presse — das konsequent und in einmütig 
patriotischem Sinne verfolgte Streben hervor, durch steten Hin¬ 
weis auf die Unzulänglichkeit der eigenen Kriegsbereitschaft, speziell 
gegen Österreich-Ungarn, die breiten Schichten des Volkes über die 
hauptsächlichsten militärischen Notwendigkeiten aufzuklären und so 
den Boden für jene militärischen Forderungen vorzubereiten, deren 
sukzessiver Erfüllung die italienische Reichsverteidigung den auf allen 
Gebieten wahrnehmbaren Aufschwung der letzten Jahre verdankt. 
Unablässig verfolgt die italienische Publizistik alle unsere leider so 
bescheidenen Maßnahmen an der Grenze mit eifersüchtiger Aufmerk¬ 
samkeit, bauscht sie gewohnheitsmäßig in tendenziöser Weise weit über 
ihre tatsächliche Bedeutung auf und betrachtet es so — mit geringen 
Ausnahmen einmütig — als patriotische Ehrenpflicht der nationalen 
Presse, durch dieses Wirken Regierung und Heeresverwaltung nicht nur 
zu unterstützen, sondern auf die militärischen Maßnahmen vielfach 
geradezu anregend zu wirken, vor jeder Unterlassung oder Verschlep¬ 
pung dieser wichtigen Fragen unablässig zu warnen. 
Demgegenüber ist unsere Presse leider von einer geradezu beispiel¬ 
losen Gleichgültigkeit hinsichtlich der so auffallenden, vielfach selbst 
dem Laien in die Augen springenden, ausschließlich gegen uns gerichte¬ 
ten fieberhaften italienischen Kriegsvorbereitungen. Es gehört zu ganz 
exzeptionellen Ausnahmsfällen, wenn eines unserer Tagesblätter — wie 
die mir vom Pressebureau des Reichskriegsministerium zugekommene 
Ausgabe des »Pesti Hirlap« vom 6. Juni — es wagt, diesbezüglich 
seinen Lesern klaren Wein einzuschenken und in umfassender, leider 
infolge unzureichender Information durchaus nicht erschöpfender Weise 
auf die militärische Tätigkeit Italiens an unserer Grenze hinzuweisen, 
die in mancher Hinsicht unsere eigenen Vorkehrungen bereits zu über¬ 
holen im Begriffe ist. Ja, unsere Presse scheut sich nicht, wie die im 
Abendblatt der »Zeit« vom 21. Juni 1911 veröffentlichte Notiz über den 
Garnisonswechsel beweist, in der unpatriotischesten Art die militäri- 
scherseits erkannten Minimalforderungen als durchaus unberechtigt 
und ganz unverständlich hinzustellen und so zu versuchen, dieselben 
unmöglich zu machen. 
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