Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Umsomehr mußte ich daher erstaunt sein, als sich trotz dieser 
unzweifelhaften Mitteilung das Ministerium des Äußern auf Grund von 
neuerlichen Behauptungen serbischer Hetzblätter, die ihm als solche 
längst bekannt sind, im August 1. J. neuerlich veranlaßt sah, diesmal 
beim Reichskriegsministerium wegen etwa verfügter Entsendungen ö.-u. 
Generalstabsoffiziere nach Serbien anzufragen. 
Meine diesbezügliche Auskunft an das Reichskriegsministerium ist 
zur Allerhöchsten Kenntnis E. M. als Beilage 6 in Abschrift 
angeschlossen. 
Während der Krise und unmittelbar nach derselben haben zahl¬ 
reiche serbische Offiziere das Gebiet der Monarchie betreten, ohne daß 
unsererseits Schwierigkeiten gemacht worden wären. Unser Ministerium 
des Äußern aber hegt noch jetzt — drei Jahre nach der Krise — 
Bedenken dagegen, daß ö.-u. Offiziere nach Serbien beurlaubt werden, 
obgleich nach dem Abschlüsse des Handelsvertrages im Oktober 1910 
ganz normale Beziehungen zwischen unserer Regierung und der 
serbischen offiziell bestehen und obgleich das Ministerium des Äußern 
und unsere Vertretungen zweifellos über die Mittel verfügen, um die 
serbische Regierung zu verpflichten, für den Schutz unserer Offiziere 
unter allen Verhältnissen zu sorgen, insolange sie sich den bestehenden 
Gesetzen gemäß verhalten. Daß aber der im Auslande reisende Offizier 
keine Spionage treiben darf, ist ganz selbstverständlich, denn dadurch 
kommt er mit den Gesetzen des Landes in Kollision und hat keinen 
Anspruch mehr auf deren Schutz. 
Als das Ministerium des Äußern im Vorjahre beim Reichskriegs¬ 
ministerium die Beurlaubung von Offizieren nach Serbien als inopportun 
bezeichnete, verfügte das Reichskriegsministerium mit Erlaß Präs. 
Nr. 12.807 von 1910, daß Urlaube nach Serbien nur in dringenden 
Fällen und nur mit besonderer Bewilligung des Reichskriegsministe¬ 
riums erteilt werden. Vor kurzem hat nun das Ministerium des Äußern 
neuerlich an das Reichskriegsministerium das Ersuchen gerichtet (Präs. 
Nr. 9640 des Reichskriegsministeriums von 1911), die Offiziersurlaube 
nach Serbien ganz einzustellen. 
Um zu kennzeichnen, wie wenig Reziprozität in dieser Hinsicht 
geübt wird, bitte ich E. M. a. u. melden zu dürfen, daß nach ganz 
verläßlicher Information Mitte August 1911 sich ein serbischer Oberst¬ 
leutnant und weitere acht serbische Offiziere durch mehrere Tage ganz 
ungehindert in Agram aufhielten, und zwar nicht etwa bloß auf Urlaub, 
sondern als Teilnehmer an einer so eminent politischen Veranstaltung, 
wie es das Agramer südslawische Sokolfest war. 
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