Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Er bemerkte, daß ich in dem Merey-Konflikte noch viel schärfer hätte 
antworten sollen, worauf ich erwiderte, daß ich vorhabe, am 8. oder 
9. September Seiner Majestät einen a. u. Vortrag vorzulegen, und mich 
gegen die autoritative Sprechweise des Ministers des Äußern zu verwahren. 
(Siehe meine folgende Denkschrift vom 9. September 1911, Seite 234.) 
Weiters hob der Erzherzog den Wunsch hervor, daß die heurigen 
Manöver — sowohl die im Zuge befindlichen Landungsmanöver, als die 
Armeemanöver — so glatt als möglich verlaufen, damit „die feindliche 
Clique“ nicht Anlaß fände, daraus Vorteile zu ziehen. 
Seine Kaiserliche Hoheit erwähnte nochmals, daß er mich auf meinem 
Posten haben wolle, nicht nur, weil ich sein Vertrauen besäße, sondern 
auch weil die Gegenpartei keinen Triumph feiern dürfe. Sie wolle, da 
e r nicht getroffen werden könne, i h n indirekt in mir treffen. 
Darauf gelangten noch einige militärische Personalangelegenheiten 
zur Besprechung. 
Mir war nichts widerlicher, als mich in dieses Intrigenspiel gezogen 
zu sehen. Schließlich aber war es mir gleichgültig; ich ging auch weiter 
meine direkten Wege. 
Der Tag war festgesetzt, die Sache schon in die Öffentlichkeit gedrungen, 
als König Peter im letzten Moment absagte, ohne je wieder mit der 
Absicht eines Besuches heranzutreten. 
In das Kapitel der Nachgiebigkeiten zählte auch Graf Ährenthals 
Verhalten in der serbischen Grenzregulierungsfrage. Die Flußbett¬ 
änderungen der Donau und der unteren Drina hatten einen Grenzkonflikt 
herbeigeführt, den das Schiedsgericht zugunsten Österreich-Ungams 
entschied. Trotzdem ließ Graf Ährenthal den serbischen Standpunkt 
gelten. Eine solche Geste mag gegenüber einem Staate am Platze sein, 
wo gentlemanlikes Entgegenkommen richtige Einschätzung findet, einem 
Staat wie Serbien gegenüber beweist dies vollkommene Unkenntnis der 
Verhältnisse. Wer die Mentalität der Balkanvölker kennt, muß wissen, 
daß sie jede Konzilianz nur als „Schwäch e“ deuten und nicht zögern, 
ihr Verhalten danach einzurichten, ihre Forderungen ins Maßlose zu 
steigern. 
Zudem sind Grenzregulierungsfragen, insbesondere dort, wo es sich 
um Flußübergangs-Verhältnisse handelt, von eminent militärischer 
Bedeutung, daher auch von diesem Standpunkt zu behandeln. Ich remon¬ 
strierte deshalb gegen Graf Ährenthals einseitige Vorgangsweise und 
schrieb ihm auch: „Wer gegenüber einem Staate wie Serbien auf sein 
Recht verzichtet, verzichtet auch gleichzeitig auf sein Recht zur Macht.“
	        
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