Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

„Wien, 24. Feber 1911. 
Euer Exzellenz! 
Ich habe in meinem Schreiben vom 2. Jänner 1. J. E. E. eine Mit¬ 
teilung gesendet, dahin gehend, daß verschiedene militärische Maßnahmen 
Italiens darauf deuten, daß dieser Staat für das Jahr 1912 eine erhöhte 
militärische Bereitschaft anstrebe. 
Ich lege jetzt einige jener Details bei, welche mich zu dieser 
Anschauung veranlaßten*), ich habe dies damals nicht' getan, weil ich 
glaubte, daß bei E. E. großer Inanspruchnahme es genügen würde, wenn 
ich E. E. lediglich mein resümierendes Urteil bekanntgebe. 
E. E. antworteten mir hierauf am 6. Jänner 1911, daß Sie meine 
Wahrnehmungen nach Tunlichkeit auch durch Ihre Organe über¬ 
prüfen lassen werden. Ich bin über diese, ein geringes Vertrauen in 
meine Mitteilungen verratende Erledigung hinweggegangen, um im Inter¬ 
esse der Sache Unstimmigkeiten zu vermeiden, und habe angenommen, 
daß E. E. lediglich bestrebt sind, durch mehrseitige Beobachtung den 
Sachverhalt zu klären. 
Nun erhielt ich seitens E. E. im Wege des RKM. sub Präs. Nr. 2100 
den diesbezüglichen Bericht des Botschafters in Rom. 
Über alles darin Enthaltene bin ich längst viel eingehender orientiert. 
Ich kann aber mein großes Erstaunen darüber nicht unterdrücken, 
daß sich irgend jemand berufen fühlt, mich, der ich seit dem zehnten 
Lebensjahr den Soldatenrock trage, 39 Jahre als Offizier diene, alle 
Wandlungen der Armee vom Kapselgewehr bis zum automatischen Repe- 
tierer mitgemacht habe und seit mehreren Jahren an dieser Entwicklung 
aktiv an führender Stelle wirke, darüber aufzuklären, daß diese Ent¬ 
wicklung ein ununterbrochener mühevoller Prozeß sei. 
Jedem weiter Denkenden und jedem den inneren Werdegang bei 
diesem Prozeß Kennenden muß es aber auch klar sein, daß sich innerhalb 
dieser Entwicklung jene Momente herausgreifen lassen, in welchen eine 
bedeutungsvolle Phase der Entwicklung überhaupt und eine auf bestimmte 
Kriegsmöglichkeiten im speziellen gerichtete Stufe erreicht, beziehungs¬ 
weise abgeschlossen werden kann; und jeder Voraussichtige wird es als 
notwendig erachten müssen, einen solchen Abschluß für Zeiten herbei¬ 
zuführen, welche eine erhöhte militärische Bereitschaft wünschenswert, 
beziehungsweise notwendig erscheinen lassen. 
E. E. geben ja gleichfalls diesem Gedanken im Schlußsatz Ihres 
geschätzten Schreibens vom 6. Jänner 1911 in geradezu trefflicher Weise 
Ausdruck. 
*) Diese Details sind an den Brief angeschlossen. 
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