Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

macht-Entwicklung in Italien hervor. Auch kam ich auf die sich mehren¬ 
den Grenzverletzungen zu sprechen, bei deren Abweisung die österreichi¬ 
schen Organe nicht die erforderliche Vertretung fanden. Es müsse dies 
auf den Geist derselben nur nachteilig rückwirken, so daß schon aus 
diesem Grunde mehr Rückgrat geboten wäre. 
Das gleiche Thema erörterte ich in einer Audienz am 18. September 
1910, wobei ich auf die widerrechtlichen, alles hemmenden Einmengungen 
des Ministers des Äußern in militärische Maßnahmen hinwies. Zur 
Sprache kamen auch die italienischen Seemanöver und der Bau des ver¬ 
schanzten Lagers von Gemona—Osoppo (später Friaul-Süd und Friaul- 
Nord genannt), Maßnahmen, die auf einen italienischerseits geplanten 
Aufmarsch am Tagliamento deuteten. 
Zu den vielen Methoden, mit denen die Spionage gegen Österreich- 
Ungarn betrieben wurde, gehörten auch die sogenannten wissenschaft¬ 
lichen Forschungsreisen, die bei unseren amtlichen Stellen ungeprüfte 
Förderung fanden. Ein solcher Fall nötigte mich, folgenden Brief an Graf 
Ährenthal zu richten: 
„Euer Exzellenz! 
Ich kann es mit meinem Verantwortlichkeitsgefühl nicht vereinbaren, 
über die Entscheidung in der Angelegenheit des italienischen Ober¬ 
leutnants Magrini hinwegzugehen, ohne mir erlaubt zu haben, E. E. meine 
diesbezügliche Anschauung mitgeteilt zu haben, welche darauf hinausgeht, 
daß die Zulassung dieses international bekannten Spions zur Adria- 
Forschungsreise alle Vorsichtsmaßnahmen durchkreuzt, welche zu treffen 
unsere militärische Pflicht ist, und daß ich es sehr bedauere, von E. E. 
in dieser das Kundschaftswesen so eminent berührenden Angelegenheit 
um meine Anschauung nicht gefragt worden zu sein. 
Ich wäre E. E. überaus verbunden, wenn ich E. E. in Hinkunft bei 
ähnlichen Fällen die’ meinerseits bestehenden Bedenken vorzutragen 
Gelegenheit fände. 
Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung Euer Exzellenz 
ergebenster 
Wien, 20. September 1910.“ 
Conrad m. p. 
In einer Audienz am 12. November 1910 kam ich auch mit Seiner 
Majestät auf dieses Thema zu sprechen, sowie auf die unausgesetzten 
Nachgiebigkeiten des Ministers des Äußern gegenüber Italien, was auch 
den Minister des Innern veranlaßt hatte, gegen die von Graf Ährenthal 
verlangte laue Handhabung des Grenzdienstes zu protestieren. Dem 
gleichen Tone entsprach Graf Ährenthals Forderung, Offiziere nicht mehr 
ins Ausland zu entsenden und ihnen selbst die privaten Urlaube dahin 
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