Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

»Für uns Türken und insbesondere für das jungtürkische Prinzip 
ist dieser Krieg eine Operation auf Tod und Leben. Zur Zeit Abdul 
Hamids wäre eine Gebietsabtretung möglich und weniger folgenschwer 
gewesen als jetzt, wo jede Gebietsabtretung einen Selbstmord am Jung- 
türkentum bedeuten würde.« 
Man hofft und träumt in der Türkei von einem direkten Bundes¬ 
verhältnis mit den Großmächten. Hiebei sagte er: 
»La Turquie certes, n’est ä l’instant pas une force avec laquelle 
l’Autriche-Hongrie et l’Allemagne voudraient etre alliees ä tout prix, mais 
si on nous dcnne la possibilite de travailler encore 10 ans comme nous 
l’avcns fait jusqu'ä present et que nous ne disparaissons pas tout ä fait 
de la carte de l’Europe par cette guerre, qui est pour nous question de 
vie cu de mort, nous serons une force tout ä fait redoutable«*). 
Auf meine Frage, ob durch die russische Diplomatie der jetzige 
Augenblick nicht ausgenützt werden könnte, um in der Dardanellenfrage 
eine Lösung herbeizuführen, sagte er, er wisse zwar nicht, was in 
Konstantinopel momentan vor sich gehe, möglich sei es aber immerhin, 
daß man, da man die Hilfe und Unterstützung irgend einer Großmacht 
brauche, welche eine sichere Gewähr für die Eingehung eines Bundes¬ 
verhältnisses bieten könnte, Zugeständnisse an Rußland machen würde. 
Die Verhältnisse in Tripolis beurteilt er für die Türken als 
günstig. 
Die Italiener können an ein Vordringen ins Innere jetzt gar nicht 
denken, selbst wenn sehr große Verstärkungen (er sagte sogar bis 
200.000 Mann) herangezogen würden. Im Gegenteil sei die Möglichkeit 
einer Rückeroberung von Tripolis durch die Türken und Araber, falls 
die Flotte, durch die Umstände gezwungen, sich von der Küste fem- 
zuhalten, ihre Mitwirkung durch die Schiffsgeschütze einzustellen genötigt 
wäre, gar nicht ausgeschlossen. 
Die Araber seien gut ausgerüstet und bewaffnet. Die Munitions¬ 
zufuhr erfolge seiner unmaßgeblichen Ansicht nach nicht nur über Tunis, 
sondern auch über Ägypten. 
*) Die Türkei ist im Augenblick gewiß nicht eine Macht, mit welcher 
Österreich-Ungarn und Deutschland um jeden Preis verbündet sein 
möchten, aber wenn man uns die Möglichkeit gibt, noch zehn Jahre zu 
arbeiten, wie wir es bis jetzt gemacht haben, und wenn wir nicht durch 
diesen Krieg ganz von der Karte Europas verschwinden, welcher für 
uns eine Frage auf Leben und Tod ist, werden wir eine beträchtliche 
Macht sein. 
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