Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Diesem Raisonnement, das, nebenbei bemerkt, die durch Italiens 
Befestigungsbauten dargetane „Unfreundlichkeit“ ganz übersah, wider¬ 
setzte sich selbst der sonst stets auf Seite Ährenthals stehende und schon 
aus budgetären Gründen den Bauanträgen nicht sehr zugetane Kriegs¬ 
minister Baron Schönaich. Er entgegnete, daß Italien ohne jede Rücksicht 
auf uns oder den Dreibund systematisch jedweden Zugang in sein Gebiet 
durch Fortifikationen sperre, alle Befestigungen modernisiere etc. und daß 
es seitens der Kriegsverwaltung geradezu pflichtvergessen wäre, wenn 
eigenerseits nicht das Nötige vorgekehrt würde. Leider ist Baron Schön¬ 
aich in der Folge von diesem Standpunkt etwas abgerückt. 
Anfangs Jänner 1910 jedoch wünschte er, angeregt durch diese 
Konferenz, Informationen über Italien, um an den Minister des Äußern 
herantreten zu können. 
Ich sandte ihm daher eine diesbezügliche Zusammenstellung vom 
9. Jänner 1910, die ich durch das Evidenzbureau des Generalstabes 
(Chef: Oberst von Urbanski) verfassen ließ. Sie war hauptsächlich durch 
folgendes charakterisiert: 
Wesentliche Erhöhung der numerischen Stärke des italienischen 
Heeres, Vermehrung der Alpini- und Kavallerie-Formationen bei Ver¬ 
legung nach Venetien, weitgehende Befestigung zu Land und zur 
See*), beschleunigte Ausgestaltung der gegen Österreich-Ungarn gerich¬ 
teten Aufmarschbahnen in Venetien, namhafte Erhöhung des Budgets für 
Heer und Marine, insbesondere der außerordentlichen Kredite; Errich¬ 
tung von Torpedoboot-Stationen an der Adria-Küste (so auch Marano in 
der Bucht von Triest); zunehmende irredentistische Propaganda, rege 
Spionagetätigkeit, endlich: Österreich-Ungarn feindliches Gehaben am 
Balkan. 
All dies legte mir die Pflicht auf, für den Fall vorzudenken, daß 
Italien seine Maske fallen lassen und die Bundestreue brechen würde. 
Wie schon früher ausgeführt, habe ich Seiner Majestät den Vorgang 
zur Kenntnis gebracht, den Deutschland in Aussicht nahm, wenn es im 
Falle russischer Bedrohung genötigt wäre, die Haltung Frankreichs fest¬ 
zustellen, und beantragt, den gleichen Vorgang einer kurzfristigen 
Sommation unsererseits gegenüber Italien einzuhalten, wenn Italien sich 
im Falle einer Bedrohung der Monarchie durch Rußland anfänglich abseits 
*) Die Ausgaben für Befestigungen in der Zeit von 1900 bis 1910 
betrugen österreichisch-ungarischerseits an der Südwestfront (Kärntner 
Sperren, Tiroler Sperren, Pola und Lussin) 29,604.000 Kronen, dagegen in 
Italien 1900 bis 1909 83,310.000 Lire, dazu bis 1917 bewilligt 94,000.000 
Lire, somit im ganzen 177,000.000 Lire. 
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