Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Organisation für Spionage und Propaganda bildete. Dies noch dazu 
innerhalb eigener Befestigungen (Riva) ! 
Bei einer innerministeriellen Konferenz am 5. Jänner 1910, bei der 
ich wegen dienstlicher Verhinderung durch meinen Stellvertreter, General¬ 
major Langer, vertreten war, gelangte diese Frage zur Verhandlung. Nach 
dem schriftlichen Bericht Langers nahm die Sitzung folgenden Verlauf: 
Der Minister des Äußern Graf Ährenthal erklärte, daß er zwar die 
militärischen Forderungen anerkenne, daß sich jedoch juridische Schwie¬ 
rigkeiten entgegenstellen dürften, e r aber sich aus staatspolitischen 
Gründen unbedingt den Zeitpunkt für jede diesbezügliche Aktion Vor¬ 
behalten müsse. Die juridischen Bedenken wurden durch die anwesenden 
Minister (Bienerth, Bilinski, Härdtl) negiert, hinsichtlich der politischen 
aber betonte Graf Ährenthal, daß er als der verantwortliche Leiter der 
Außenpolitik es nötig finde, die Empfindlichkeit der eben erst ernannten 
italienischen Regierung zu schonen, umsomehr, als er die Festhaltung des 
Dreibundes über 1914 hinaus unbedingt anstrebe und Grund zur 
Annahme habe, dies zu erreichen. Wenn überhaupt, könne er aber 
erst nach Erfüllung der Forderung nach einer italienischen Universität 
der schwebenden Frage näher treten. Dementgegen verwies der Kriegs¬ 
minister Baron Schönaich in Übereinstimmung mit dem Minister des 
Innern Baron Härdtl auf die Dringlichkeit der Finanzwachfrage und 
bemerkte, daß die taktvolle Geduld unserer Organe sowie der Grenz¬ 
truppen gegenüber den italienischen Übergriffen endlich einmal reißen 
könne. 
Mein Vertreter, Generalmajor Langer, ergänzte dies und hob als 
Unikum hervor, daß wir „in der Festung Riva behördlich angestellte, 
durch ihr Reglement hiezu eingeschworene Kundschafter inmitten unserer 
ohnedies vielfach verdächtigen Untertanen dulden sollen, welche Kund¬ 
schafter jeden Mann der Besatzung, jede Kanone, jeden Pulverwagen und 
jede Zwiebackkiste kontrollieren und bei den stets fortlaufenden baulichen 
Arbeiten Kenntnis auch der Details der Befestigungen bestimmt erlangen 
können.“ 
Anstatt das Groteske eines solchen Zustandes zu erfassen, meinte Graf 
Ährenthal diesen Äußerungen entnehmen zu können, daß, wie er sagte: 
„vielleicht in Südtirol neue Befestigungen geplant seien“, und erklärte, 
daß er „schon bei diesem Anlasse gegen eine solche Absicht ressort¬ 
mäßig auftreten müsse, weil Befestigungsbauten mit Recht als 
unfreundliche Anzeichen (durch die italienische Regierung) aufgefaßt 
werden müßten, was den Intentionen seiner Politik direkt zuwiderläuft; 
übrigens sei ja mit Rücksicht auf die von ihm in Aussicht gestellte Ver¬ 
längerung des Dreibundes mindestens aber bis 1914 Zeit.“ 
13
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.