Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

„Wien, am 29. Mai 1911. 
Euer Exzellenz! 
Ich beehre mich, E. E. mitzuteilen, daß heute vormittags der türkische 
Militärattache Oberst Blaque Bey bei mir war und mir sagte, daß er von 
türkischen Konsuln in BHD. Nachricht bekommen habe, daß öster- 
reichischerseits Truppen an die montenegrinische Grenze geschoben 
werden; er käme zu mir, um diesbezüglich nachzufragen und um der 
Ansicht Ausdruck zu geben, daß die Türkei in diesem Schritt einen großen 
Freundschaftsakt erblicken würde. 
Ich habe sofort das Gefühl gehabt, daß Oberst Blaque Bey die ganze 
Geschichte von den Truppenverschiebungen nur vorgebracht hat, um 
hier wissen zu machen, daß die Pforte so etwas sehr gern sehen würde. 
Ich beehre mich, dies mitzuteilen für den Fall, als ähnliche Versuche 
auch beim Ministerium des Äußern gemacht werden sollten, füge aber 
bei, daß von Truppenverschiebungen, soweit sie von meiner Initiative 
ausgehen, dermalen keine Rede ist. 
Genehmigen E. E. etc Conrad.“ 
Graf Ährenthal antwortete hierauf: 
Euer Exzellenz! 
„Wien, am 31. Mai 1911. 
geschätztes Schreiben vom 29. Mai, in welchem E. E. mir von Ihrer 
Unterredung mit dem hiesigen türkischen Militärattache Oberst Blaque 
Bey Mitteilung machen, habe ich mit verbindlichstem Danke erhalten. 
Ich teile vollkommen die Ansicht E. E., daß Oberst Blaque Bey mit 
seinen Äußerungen über angebliche Truppenverschiebungen in Bosnien 
und der Herzegowina in erster Linie den Zweck verfolgte, hier wissen 
zu lassen, daß derartige militärische Maßnahmen unsererseits in Konstan¬ 
tinopel willkommen wären. 
Es entspricht durchaus meiner Beurteilung der Situation an unserer 
südöstlichen Grenze, daß solche Maßnahmen bisher nicht ergriöen wurden 
und auch nicht ins Auge gefaßt werden. Solange nicht eine wesentliche 
Änderung der politischen Verhältnisse eintritt, kann ich keine genügende 
Veranlassung für derartige Verfügungen erblicken und sie nicht für 
opportun erachten; ich würde mich daher, falls von türkischer Seite auch 
mir gegenüber eine solche Maßregel suggeriert werden sollte, ablehnend 
aussprechen. 
Ich wäre sehr verbunden, wenn E. E. die Güte hätten, mich zum 
Zwecke eines mündlichen Gedankenaustausches im Laufe dieser oder der 
nächsten Woche aufzusuchen. Die Fixierung des Zeitpunktes könnte wohl 
am besten im kurzen Wege, eventuell telephonisch, erfolgen. 
Genehmigen E. E. den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung. 
Ä h r e n t h a 1.“ 
11, Conrad II 
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