Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Aufmarsch liegt nicht in dem Raum, sondern in der Unvollständigkeit 
unseres Bahnnetzes, das eine Verteilung der Kräfte im Aufmarschgebiet 
erschwert, da starke Massen in derselben Gegend hintereinander aus¬ 
geladen werden müssen, während andere Gebiete freibleiben. Während 
also 32 Divisionen bis zum 16. Mobilmachungstage marschbereit sind, 
können die übrigen erst bis zum 21., geringere Teile sogar erst bis 
zum 24. Mobilisierungstage verwendungsbereit sein Diese ungünstigen 
Verhältnisse werden noch im Laufe dieses Jahres soweit verbessert werden, 
daß alle 43 Divisionen mit der Eisenbahn über die Weichsel vorgeführt 
werden können. Eine weitere Verbesserung beabsichtige ich durch 
Forderungen in dem nächsten Eisenbahnetat anzustreben. 
Da ich eine möglichst frühzeitige Offensive unsererseits für sehr 
erwünscht halte, wird diesseits beabsichtigt, den Vormarsch anzutreten, 
sobald die ersten 32 Divisionen marschbereit sind, also am 16 Mobili¬ 
sierungstage fertig zu sein. Die übrigen 11 deutschen Divisionen sollen 
nach Maßgabe ihres Eintreffens unverzüglich nachgezogen werden. 
Wenn, wie E. E. mir schreiben, dortseits 40 Divisionen gegen Ru߬ 
land angesetzt werden, so würden also die Verbündeten zusammen 
83 Divisionen ins Feld stellen. Ein weiterer Zuwachs durch die zehn 
rumänischen Divisionen ist sehr erwünscht, doch verspreche ich mir von 
ihnen nur dann ein rechtzeitiges und wirksames Eingreifen auf dem rechten 
Flügel des ö.-u. Heeres, wenn es gelingt, Rumänien zum Aufmarsch seiner 
Armee nördlich Jassy zu veranlassen. 
Ich darf noch meine Ansicht über die russischen Operationen kurz 
in folgendem zusammenfassen: 
Für einen Fehler würde ich es halten, wenn Rußland seine Zentral¬ 
armee zersplitterte, statt sie einseitig an einer Stelle zur kraftvollen Offen¬ 
sive einzusetzen. Sollte Rußland anders verfahren, so könnte dies nur 
erwünscht sein. 
Sollte Rußland den Versuch machen, die Verbündeten auf deren 
inneren Flügeln zu trennen, so würde ich darin für letztere eher einen 
Vorteil als einen Nachteil sehen. Die Operationen auf der inneren Linie 
haben durch die Massenheere, die Vermehrung der Waffenwirkung und 
die Wahrscheinlichkeit langdauernder Kämpfe gegen früher an Bedeutung 
verloren, an Schwierigkeit gewonnen. Sie setzen schlagartige Erfolge 
voraus, die heute weniger als früher zu erwarten sind. Wohl aber würde 
eine solche Operation der Russen den Vorteil für die Verbündeten haben, 
daß sie sich zur Schlacht stellen müssen, denn meine größte Sorge besteht 
darin, daß die Russen sich nach altem Muster der Entscheidung zu 
entziehen und in das Innere ihres unermeßlichen Reiches zurückzuweichen 
suchen werden. Daher war meinerseits auch der Gedanke entstanden, den 
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