Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

an dieser Disziplin fehlt, wird das Milizsystem nur bewaffnete Banden 
oder Parteiorganisationen schaffen, die den Keim des Bürgerkrieges in 
sich tragen. 
Ich vermag mich hier nicht eingehender mit der Schweizer Wehrmacht 
zu befassen, möchte jedoch in Schlagworten einige bemerkenswerte Daten 
anführen : 
Allgemeine Wehrpflicht; sehr wenig Befreiungstitel; hohe Wehr¬ 
steuer für Befreite; Verbrecher vom Waffendienst ausgeschlossen; Dienst¬ 
pflicht durch 28 Jahre vom 20. Lebensjahre an, und zwar zwölf Jahre 
in der ersten, je acht Jahre in der zweiten und dritten Linie. Rekruten¬ 
schule je nach Waffengattung 65 bis 90 Tage; in der Folge: Waffen¬ 
übungen, und zwar in der ersten Linie für die Infanterie sieben, für die 
Kavallerie acht; in der zweiten Linie für die Infanterie eine. Ferner: 
jährliche Schießübungen; Ausbildung von Mann, Unteroffizier und 
Offizier während des ganzen Jahres durch vorzügliche Berufsoffiziere 
(Instruktionsoffiziere); Spezialschulen für besondere Ausbildungszweige. 
Bekleidung, Ausrüstung, Waffen (Dienstpferd für Berittene) erhält der 
Mann vom Staate, hat es stets bei sich zu haben, zu konservieren und 
sich diesbezüglich einer jährlichen eintägigen Musterung zu unterziehen. 
Weitestgehend entwickeltes, vom Staat subventioniertes freiwilliges Schie߬ 
wesen, obligatorischer Turn-, Exerzier- und Schieß-Unterricht an allen 
Schulen, ferner vom Staat unterstützte Reit-, Fahr- und Pontomer-(Ruder-) 
Vereine. Eingehendes Verfolgen aller militärtechnischen Neuerungen, 
insbesondere auf dem Gebiete des Waffenwesens und stete Sorge für 
eine auf modernster Höhe stehende Bewaffnung. Entsendung von Offi¬ 
zieren ins Ausland zu Studienzwecken, insbesondere zu kriegführenden 
Mächten. Daher reiche finanzielle Mittel für das Heerwesen. So betrug 
1908 bei einem Gesamtbudget von 150 Millionen Francs das Heeres¬ 
budget allein über 38 Millionen, das ist fast ein Viertel, also 25 Prozent, 
(ln Österreich-Ungarn betrugen 1909 die Gesamtausgaben 3704-7 
Millionen Kronen, das ganze Wehrbudget inklusive Kriegsmarine 508-8 
Millionen, das ist zirka ein Siebentel, also 13-6 Prozent.) 
Das Wehrsystem ergibt für den Krieg 260.000 Bewaffnete und 
260.000 Unbewaffnete, was bei 3V2 Millionen Einwohnern einer fünfzehn- 
perzentigen Auswertung entspricht (gegenüber einer bloß achtperzentigen 
in Österreich-Ungarn 1909). 
Diese Daten zeigen, welche hohen Anforderungen hinsichtlich der 
Pflichten des einzelnen, sowie der finanziellen Mittel ein reelles Miliz¬ 
system stellt, im Gegensatz zu den bei oberflächlichen Vertretern dieses 
Systems herrschenden Ansichten. 
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