Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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schafften; oft genug geschah dies an ganz Unschuldigen vom nämlichen Orte, 
welche selbst, oder deren Waaren so lange behalten wurden, bis die Schuld des 
Minderen abgetragen war. — Dazu kam noch in manchen Zeiten die große Un- 
sicherheit der Personen und des Eigenthums auf den Straßen und den Flüssen. 
Zur Zeit des Faustrechts ging Gewalt vor Recht, eine allgemeine Verwirrung 
der Begriffe über wahre Ehre und Schande, Recht und Unrecht herrschte, der 
Adel selbst und die Ritter, und zwar vorzugsweise, fielen Reisende und Kaufleute 
an, plünderten sie aus, oder nahmen sie gefangen und erpreßten großes Löse- 
geld. In unserem Oesterreich hielten die Babenberger mehr als es irgendwo ge¬ 
schah, Ordnung und Recht her; doch konnten sie solche Gräuel nicht immer ver¬ 
hindern und am schlechtesten war es in dieser Hinsicht nach Herzog Friedrichs II. 
Tode, in jener fürchterlichen Zeit, wo auch in unserem Lande ob der Enns Raub 
und Mord wütheten, keine Sicherheit der Person und des Eigenthums war. 
K. Ottokar bändigte endlich die Raubritter und andere Räuber; doch gab es 
gegen Ende seiner Regierung und selbst zu K. Rudolph's Zeit öfters noch Bei¬ 
spiele solcher Plünderungen und Gewaltthaten aus Burgen und Schlössern ver¬ 
übt, und es gehörte noch gar Vieles und noch lange Zeit dazu, bevor die Wan¬ 
derer und Handelsleute ohne Gefahr in voller Sicherheit auch in unserem Lande 
herumziehen oder durch dasselbe ihren Weg weiter fortsetzen konnten 1). 
 
§. 59. 
 
Stand der Wissenschaften in unseretn Lande, Geschicht- 
s ch r e i b u n g und D i ch t k u n st. 
 
In diesen kriegerischen Zeiten, bei den innern Unruhen, dem Wechsel der 
Dynastien, dem Untergange der früheren Kultur im Reiche der Römer, die 
nur noch schwach in Konstantinopel fortlebte, kann von Gelehrsamkeit und von 
Wissenschaften im strengeren Sinne, wie sie jetzt in Deutschland blühen, kaum 
eine Rede seyn. Die Kenntniß der Natur stand auf einer sehr tiefen Stufe, 
ihre gewaltigett Kräfte, ihre Verbindung unter einander, die Anwendung der¬ 
selben zu praktischen Zwecken waren fast ungekannt. Von juridischen und politi¬ 
schen Wissenschaften geschieht keine Erwähnung, Alles bestand in unserem Lande 
in einzelnen Rechten und Privilegien, in alten Gesetzen, die oft nur Auswüchse 
einer heidnischen Vorzeit und der Barbarei waren. Mit der Medizin und Chi¬ 
rurgie stand es um nichts besser, die kräftigen Naturen überwanden gewöhnlich 
den Krankheitsstoff ohne Aerzte und ihre damaligen Charlatanerien verdarben 
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1) Weitläufig ist über diese Hindernisse abgehandelt von Kurz: Ueber den Handel Oester¬ 
reichs in älteren Seiten, Linz, bei Haslinger, 1822, S. 18 - 192.
	        
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