Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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unterrichtete Personen, die immer bei den Gerichten saßen und Urtheil schöpften. 
Unter Karl dem Großen erschienen öfters die Sendgrafen (missi regii), 
welche jährlich die ihnen angewiesene Provinz durchreisen und dreimal Landes-- 
versammlungen halten mußten. Sie untersuchten das Benehmen der Gau- 
grafen in politischer und richterlicher Hinsicht, hörten die Klagen der Bewohner 
an, untersuchten selbst gefällte Urtheile, stellten Mißbräuche ab und hielten mit 
Zuziehung der Grafen außerordentliche, große Gerichte. Es waren gewöhnlich 
zwei, ein Laie und ein Bischof; es wurde daher auch von ihnen über das Be¬ 
tragen und Benehmen der Bischöfe abgeurtheilt; ihre Berichte wurden dann 
der Reichsversammlung vorgelegt, wo zur Abstellung der Mißbräuche, Absetzung 
der Beamten Befehle erlassen wurden. 
Das Amt der Sendgrafen hörte aber nach und nach auf, als K. Ludwig 
der Deutsche und seine Nachfolger sich selbst im Lande aufhielten und bei den 
größeren Versammlungen und Gerichten den Vorsitz führten. An ihrer Stelle 
thaten dieses auch oftmals die Pfalzgrafen (eigentlich Verwalter und Rich¬ 
ter der königlichen oder herzoglichen Güter) an den dem Könige gehörigen 
Pfalzen, dergleichen in unserm Lande vorzüglich Matighofen und Ranshofen 
waren. — Die Gerichte wurden immer noch öffentlich gehalten, das Volk war 
dabei, es geschah schnelle Entscheidung und Vollführung des Urtheils. Man 
kam auch öfters in den Vorhallen der Kirchen, in diesen selbst, und auf den 
Friedhöfen zusammen 1), so wie einst zur Zeit des Heidenthums bei den Altären 
der Götter. Auch die Priester und die Mönche standen in dahingehörigen und 
gemischten Sachen unter dem Gaugerichte und später unter dem Landgerichte; 
doch wurde gewöhnlich eine Anzeige an den Bischof gemacht, der bei wichtigeren 
Vorfällen beim Gerichte erschien. Da aber jene Richter oft die Geistlichen, 
ihre Dienstteute und Unterthanen sehr quälten, hart und ungerecht behandelten, 
so verliehen die Landesherren den Bischöfen und Klöstern gerne sogenannte Im- 
munitätsbriefe, wodurch sie sammt ihren Leuten von der Gewalt der 
Gaugrafen, und später der Landrichter befreiet wurden; sie hatten dann ihre 
eigenen Richter, welche menschlicher und milder urtheilten und unmittelbar unter 
dem Landesherrn standen; aber der Blut bann, oder das Recht über Leben 
und Tod zu urtheilen, blieb bei dem Gaugrafen und ihm mußten die Verbrecher 
mit dem Gürtel gebunden ausgeliefert werden 2). Als aber die Gauverfassung 
aufhörte und unser Land unter den Ottokarn, Babenbergern und den 
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1) So z. B. noch im dreizehnten Jahrhunderte; da wurde von dem Richter im Mach¬ 
lande Gericht gehalten in cymiterio Erhinge (Arbing unterhalb Mauthausen). Kurz, lV. 
S. 420. 
2) Stülz's Wilhering, S. 516. Urkunde 1241.
	        
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