Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Gerichten, die gerne bei Opferstätten gehalten wurden. Auch Priesterinnen erschei¬ 
nen bei den alten Deutschen, von den Gothen Alrunen genannt, Alles- 
wissende oder doch Vielwissende. So waren bei den Cimbern grauenhafte 
Weiber, welche die Gefangenen schlachteten und aus dem Blute derselben weis¬ 
sagten 1). Im Gefolge Ariovist's waren ebenfalls Frauen, welche aus dem 
Wirbeln des Wassers, besonders der Ströme, die Zukunft deuteten 2). Ueber- 
haupt standen die Frauen und Jungfrauen bei den Deutschen in hoher Achtung, 
ihr tiefer religiöser Sinn und ihr Gemüth, womit sie an den Göttern hingen, führte 
dieselben zur Ansicht, daß etwas Höheres in ihnen wohne, und daß sie besonders die 
Gabe der Voraussicht und Weissagung besitzen 3). Manche dieser weisen Frauen 
waren sehr berühmt und hoch verehrt, wenn sie als Seherinnen auftraten. 
Als solche führt Tacitus die Aurinia und Veleda4), Dio Cassius die 
Ganna an5), und es mögen derselben Viele gewesen seyn, ohne daß die Römer 
davon etwas erfahren haben. Es war auch bei den Deutschen überhaupt mehr 
sittlicher Ernst, und bei mancher rauhen barbarischen Sitte durchdrängen doch 
ihr Leben bessere moralische Grundsätze, als es bei vielen kultivirteren Völkern 
der Fall war, und jene Verdorbenheit kam nie in Deutschland zum Vorschein, 
wie in Rom in den letzten Jahrhunderten. Aber eben diese moralische Kraft 
und manche erhabenen, wenn auch mit Mythen und Irrthümern vermischten 
Lehren und Ansichten des deutschen Heidenthums bahnten leichter den Weg zum 
Christenthume, dessen sittlicher Geist, Einfachheit und Erhabenheit, dessen Lehren 
von Unsterblichkeit, Lohn und Strafe ihrem Glauben nicht widersprachen, son¬ 
dern gleichsam nur reinigten und läuterten. Doch ging es noch längere Zeit her, 
bis die Baiern, selbst als sie schon am Lech und an der Enns saßen, wirklich zum 
Christenthume bekehrt wurden. Und dieses geschah — nicht durch einen einhei¬ 
mischen Bischof, — sondern durch Rupert, einen Franken, Bischof zu Worms. 
Er kam im J. 580 zu dem Herzoge der Baiern, Theodo III., von ihm 
eingeladen nach Regensburg, predigte die christliche Lehre, bekehrte ihn und seine 
Edlen vom Heidenthume zum Christenthume und taufte dieselben5). Aus 
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J. Strabo lib. VII. 2. 
2) Caesar I. 50. 
3) Tacit. Germ. 8. Inesse quin etiam sanctum et providum putant (foeminis) nec aut con¬ 
silia earum aspernantur aut responsa negligunt. 
4) Germ. 8, Sed et olim Auriniam et complures alias venerati sunt, non adulatione nec 
tanquam facerent deas. Hist. IV. 61 et 65, V. 22, 24. 
5) Dio Cassius LVII. 5. 
6) Juvavia II. Abthl. pag. 30, 31 Nr. VII.— Theodo dux Buioariorum — beato Rudberto 
episcopo praedicante, de paganitate ad Christianitatem conversus et ab eodem episcopo 
baptizatus est cum principibus suis Baioariis I. c. p. 8. De introitu beati Rudberti. — Ipsumque 
(Theodonem) et multos alios ad veram Christi fidem convertit sacroque baptismate rege¬ 
neravit,
	        
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