Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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bildeten die Reichsversammlung an Hoftagen. Diese Familien scheinen jedoch, 
wenigstens in älterer Zeit, im Lande ob der Enns nicht ansässig gewesen zu seyn, 
nur die Huosi hatten auch Besitzungen am rechten Ufer des Inn. 
Am Hofe des Herzogs waren auch Ministerialen mit bestimmten 
Dienstleistungen verschiedener Art; sie leisteten Burg- und Kriegsdienste, sie 
waren anfangs unfrei, später aber traten edle Männer zu höheren Diensten ein, 
waren hochgeachtet, wurden dem höheren Adel und den Vasallen gleichgestellt und 
von den Herzogen zum Rathe beigezogen; solche waren der Kämmerer, 
Marschall, Truchseß, Mundschenk u. s. w. 
Nach dem höheren Adel kam der niedere, dann die Freien des Lan¬ 
des, der eigentliche Kern des Volkes, welche jedoch schon und vom Adel 
unterscheidet 1); die Hörigen im strengeren Sinne hatten keinen Einfluß auf die 
Verfassung und Regierung. Dazu kam aber in späterer Zeit der geistliche 
Adel; als nämlich das Christenthum schon tiefere Wurzel gefaßt hatte und die 
Bischöfe und Aebte der Klöster große freie Besitzungen erhielten, traten sie 
gleich dem Adel und den Freien in die nämlichen Rechte und Verpflichtungen ein, 
sie erhielten auch Lehensgüter und waren zun: Kriegszuge für ihre Herren oder 
zur Ausrüstung von Truppen verbunden. Sie hatten aber das Recht bei den 
öffentlichen Versammlungen zu erscheinen und gehörten zu den Ständen des 
Reiches. Aber auch in Ansehung der wichtigen Kirchenangelegenheiten, die 
sie zu leiten hatten, mußten sie nothwendig Stimme haben und Rathgeber der 
Herzoge seyn. Alle diese nun zusammengenommen, von den Gemeinfreien auf¬ 
wärts bis zum Herzoge, bildeten ein großes Ganzes und eine Einheit; jedes 
Glied hatte seine bestimmte Stelle, Alle hatten ihre Rechte und Pflichten gegen 
einander, gegen Höhere, den Landesfürsten und den Staat, für dessen Wohl, 
Macht und Größe, Schutz und Vertheidigung sie sorgen sollten. 
Dies war die Aufgabe Aller, und diese wurde gelöst bei wichtigen Fällen 
durch Berathung auf den allgemeinen Volksversammlungen, wo 
die Angelegenheiten, das ganze Land betreffend, verhandelt und für Alle giltige 
Gesetze bestimmt wurden. Dergleichen wurden schon in der ältesten Zeit abge¬ 
halten, wie es Tacitus sagt; aber andere Formen bildeten sich auch in dieser 
Hinsicht aus, als die Baiern schon länger in diesem Lande ansässig waren. 
Die gesetzgebende Gewalt befand sich zwar noch immer bei den Freien des Lan¬ 
des nach ihren Abstufungen und in Verbindung mit dem Herzoge; doch ward 
die Form mehr monarchisch, und wo dieser seinen Sitz hatte und viele der Ed¬ 
leren sich aufhielten, welche Ehren - und Staatsämter besaßen, war auch der 
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1) Tacit. Gem, c, 25. Ibi enim et super ingenuos et super nobiles ascendunt.
	        
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