Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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persönlich miteinander kämpfen; eben so fand ein Zweikampf Statt gegen einen 
lügenhaften gerichtlichen Zeugen. Doch galten auch, wenige Fälle ausgenom¬ 
men, nach dem baierischen Gesetze Stellvertretungen bei dem Zweikampfe und 
den übrigen Ordalien; es gab immer Viele, die für andere kämpften, gegen 
Lohn und Geld, sie hießen Campiones. 
Der Ort der gerichtlichen Kämpfe war gewöhnlich der Hof des Herzogs, 
welcher auch oftmals einen anderen Platz bestimmte, meistens wo Volksver- 
sammlungen waren. 
Dies war Recht und Gerechtigkeit im Lande, Abwehre oder Vertheidigung 
der Person und des Eigenthums gegen Einheimische und ihre Angriffe; allein es 
galt auch oftmals nicht allein sein Besitzthum, sondern den Gau, oder das ganze 
Land gegen die Einfälle auswärtiger Feinde zu vertheidigen, und dazu diente 
die Wehrverfassung, das Militärwesen. Diese können wir jedoch sehr 
kurz abhandeln, da das Meiste auch in dieser Zeit so blieb, wie wir es 
schon nach Tacitus geschildert haben; auch der alte kriegerische Geist beseelte die 
Baiern immerfort und es fehlte nicht an Gelegenheit, denselben zu bewähren 
in ihren Kämpfen gegen die Avaren, die Slaven unter Samo, gegen die Ca- 
rantaner und Franken. Jeder Freie war noch immer waffenfähig und zum 
Kriege verpflichtet; bei schnellen Ueberfällen der Feinde eilten die Bewohner 
herbei und sammelten sich bei dem Vorsteher der Gemeinde, dieser führte sie 
zum Centurio, und Alle zogen nun zum Grafen des Gaues; dieser rückte an 
ihrer Spitze dorthin, wo es nöthig war, oder wohin der Befehl des obersten 
Feldherrn oder des Herzogs sie berief; so ging es bei Vertheidigung des Landes 
und auch beim Angriffe einer feindlichen Provinz. Der Graf war im Gaue 
militärischer Befehlshaber, aber unter Oberhoheit des Herzogs; er führte seine 
Leute an, musterte sie, untersuchte ihre Waffen, Schild, Lanze, Bogen und 
Pfeile. Die Reiter mußten auch Helme und Schwerter besitzen, manche er¬ 
schienen in Harnisch. Die Vasallen zogen zu ihrem Lehensherrn, die Dienstman¬ 
nen zum Dienstherrn und zogen mit diesem zum Versammlungsplatze des Heeres. 
Dahin kamen auch der Adel mit seinem Gefolge, die Schirmvögte der Klöster 
mit ihren Schaaren, selbst Bischöfe und Aebte zogen öfters an der Spitze ihrer 
Leute zum Kriege und Kampfe aus. Soldtruppen hatte wohl schon der be¬ 
rühmte Karl Martell, allein in Baiern werden sie damals noch nicht erwähnt. 
Kriegsgeräthe wurde auf Wägen nachgeführt, für Mundvorrath auf drei Mo¬ 
nate mußte Jeder selbst sorgen. Der Graf hatte über die militärische Disciplin 
der Seinigen zu wachen, die Säumigen zur Heeresfolge wurden gestraft, auf 
freiwillige Verlassung des Heeres, Seinigen genannt, stand der Tod; auch 
wurde der Diebstahl bei demselben viel schärfer bestraft, als im Lande zur Zeit
	        
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