Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Bearbeitung 1), von denen sie an denselben bestimmte Abgaben an Getreide, 
Hühnern, Eiern, Schweinen u. s. w. ablieferten; auch ihre Weiber mußten 
Leinwand, Hemden und andere Sachen bringen. Manche Leibeigene, besonders 
der Kirchen, arbeiteten nur einige Tage in der Woche für dieselben, die anderen 
für sich. Wo viele dergleichen beisammen waren, oder bei Vornehmeren, stau- 
den sie gewöhnlich unter der Aufsicht von eigenen Meiern (majores, villici, 
judices genannt). 
Die Leibeigenen durften auch, jedoch nur mit Bewilligung ihrer Herren, 
giltige Ehen schließen; allein ihre Kinder waren ihm gehörig, so wie die von 
einer ledigen leibeigenen Magd, selbst wenn der Erzeuger ein freier Mann war. 
Viele der Sklaven wurden auch freigelassen und sie waren dann persönlich frei; 
doch galten sie weniger als ein anderer Freier und sie mußten gewöhnlich für 
ihre Leiber jährlich dem einstigen Herrn eine bestimmte Abgabe zahlen, in Geld 
oder Naturalien, Leib zins genannt, standen aber unter seinem Schutze. Sie 
konnten auch unbedingtes Eigenthum erwerben, aber ihre Nachkommen mußten 
gewöhnlich, sobald sie großjährig wurden, den Leibzins zahlen. 
 
§. 36. 
Rechtsverfassung und Gerichtsform.— Militärverfassung 
der Baiern. 
 
Die Familien und Sippen hatten ihre Besitzungen, und ihre Personen 
waren mehr oder minder frei, wie wir schon dargestellt haben; jede Verletzung 
oder jeder Eingriff auf dieselben war Bruch des Friedens, des gefriedeten Eigen- 
thumes; derselbe konnte also einzelne Personen und Güter oder ganze Gemein¬ 
den betreffen, der Schaden mußte wieder ersetzt, die Schuld durch Strafe und 
Buße versühnt werden. Als Mittet zur Einigung und Herstellung des Friedens 
wählte man das Eigenthum des Beschädigers, oder hauptsächlich Geld, welches 
man Wehrgeld hieß, weil es eigentlich an die Stelle der Abwehre durch 
Waffen trat. Da solche Fälle oftmals eintraten, so bildete sich ein Herkommen 
aus, welches zum Gesetze ward und als Richtschnur diente; doch mußte der nöthige 
Ersatz für den einzelnen Fall bestimmt ausgesprochen und derselbe geleistet werden; 
es waren daher Richter nothwendig, welche den Ausspruch machten und dem¬ 
selben Folge verschafften. In dem häuslichen Bezirke, dem sogenannten Haus¬ 
frieden, war der freie Familienvater Herr und Richter über die Seinigen, sowohl 
die Freigebornen als Hörigen, bei ihren Streitigkeiten und vorfallenden Unziem- 
-------  
1) Z. B. Chron. lunaelac. p. 29. Transscribimus in villa Pooh — et servum me um cum 
uxore sua et cum domo sua et eum terra sua vel quidquid habere videtur, sicut a 
nobis nobis tempore possidetur etc.
	        
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