Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Bei großen wichtigen Kriegen treten sowohl die Fürsten, als die anderen Krieger 
zur Berathung zusammen, gewöhnlich in nächtlicher Versammlung zur Zeit des 
aufnehmenden Mondes; bisweilen muß einer der Gefangenen mit einem ihres 
Stammes kämpfen, der Ausgang deutet auf Glück oder Unglück für sie. Ist 
keine Fehde und kein Krieg, so suchen sie auswärts sich als Kämpfer gebrauchen 
zu lassen, um Ruhm und um Beute. Begeisterung zum Kampfe geben ihnen 
die Lieder ihrer Barden, worin ihre eigenen oder die Thaten der Vorfahren be¬ 
sungen werden; die Schlacht beginnen sie mit fürchterlicher Stimme, von ihren 
Schildern zurückgeprallt, und mit Waffengetümmel. Auch Priester ziehen mit 
ihnen in den Krieg, und nur ihnen steht die Strafgewalt, im Aufträge der Gott¬ 
heit, über die Kämpfer zu; ihre Feldzeichen nehmen sie in die Schlachten mit. 
Die Gefallenen werden aus dem Gewühte weggetragen, ein hoher Grabeshügel 
ist ihr Denkmal, die Thaten derselben besingen beim Siegesfeste oder Gastmahle 
die Barden, im Norden Skalden genannt. Die in der Schlacht das Leben ver¬ 
loren, kommen dann in der Walhalla an, dort, wo die Götter zur Unterhaltung 
miteinander kämpfen, dann zum Schmause ziehen und fröhlich zechen; den Ta¬ 
pferen erfreut die Theilnahme an ihren Gastmahlen. 
Manche der Deutschen haben Könige, andere nicht; bei ihnen ist sogar dieser 
Name verhaßt. Die Könige werden aus den edelsten Familien genommen; durch 
hohe Geburt, oder Verdienste der Vorfahren kann auch ein Jüngling zur fürst¬ 
lichen Würde gelangen. Führer des Heeres sind Andere, aus den Tapfersten 
erwählt, oft ist es der König selbst. Ueber geringere Dinge treten die Fürsten 
oder die Edleren des Volkes in Berathung zusammen, über wichtige alle Freie, 
und zwar bewaffnet; sie setzen sich nieder, der Priester gebietet Ruhe, der Fürst 
oder einer der Ausgezeichneten, welcher die Macht der Rede besitzt, hält den 
Vortrag; Murren ist Zeichen des Mißfallens, Waffengeklirr des Beifalles. In 
solchen Versammlungen werden auch jene Edleren oder Vornehmeren gewählt, 
die als Richter in den verschiedenen Gauen Recht sprechen, doch die Centenen 
erscheinen dabei zur Berathung und zum Beschlusse. Auch die Anklage gegen 
manche Verbrecher wird oft daselbst vorgebracht und die Strafe bestimmt nach 
Größe und Art des Verbrechens und nach Würde oder Beschaffenheit der Person. 
Geringere Vergehen werden gewöhnlich am Vermögen gebüßt, an Pferden oder 
an anderem Viehe; ein Theil davon fällt dem Fürsten oder der Gemeinde, das 
Uebrige dem Kläger oder seiner Verwandtschaft zu. Dem Könige oder Fürsten 
bringen sie Früchte und Vieh als Zeichen der Verehrung und als Beitrag 
zum Lebensunterhalte; Geschenke von benachbarten Völkern, besonders an Pfer¬ 
den und Waffen, lieben sie sehr. 
Was die Religion der alten Deutschen betrifft, so äußert sich Tacitus nur
	        
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