Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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der Waaren. Einfach ist anch ihre Kleidung; in ein Stück Tuch gehüllt, das ober¬ 
halb der Schulter mit einer Spange befestigt wird, liegen sie oft Tage lang an ihrer 
Feuerstelle. Ihre Frauen tragen auch wohl Linnen mit purpurnen Streifen, 
jedoch ohne Aermel. Die Reicheren bedienen sich des Pelzwerkes und fest anlie¬ 
gender Kleidungsstücke. Im Frieden sind die Männer, selbst die sonst kriegslu¬ 
stigen, bequem und unthätig. Das Hauswesen besorgen die Frauen, Greise und 
Schwächlinge; ihre Beschäftigung ist Jagd und Viehzucht. Die Vertheilung 
der Arbeit geschieht nach Willkür des Herrn unter die Frau, Kinder und 
Leibeigenen. 
Die Kinder wachsen nackt mitten im Schmutze des Hauswesens groß und 
stark heran, die Jünglinge und Jungfrauen werden nicht übereilt, nur bei voller 
Reife schließen sie die Ehen. Diese sind ihnen heilig und unverbrüchlich; Ehe¬ 
bruch ist eine große Seltenheit und die Strafe desselben liegt in der Willkür des 
Mannes. Nur die Vornehmern haben mehrere Frauen, sonst Jeder nur Eine, 
auch heiraten die Weiber gewöhnlich nur einmal. Der Bräutigam bringt die 
Gabe dar, Sachen, nicht zum Prunke, sondern zum Nutzen, Waffen und Vieh. 
Auch die Braut bringt Waffen dar für die Gefahren des Krieges zum Schutze 
der Familie. Die Söhne der Schwester haben bei dem Oheim den gleichen 
Werth, wie die eigenen; denn sie tragen zur Vergrößerung und Verbreitung der 
Familie bei. Die Bande des Blutes sind bei ihnen hoch geachtet, und trostreich 
ist für sie die große Zahl der verwandten Mitglieder sowohl im Kriege, als zur 
Beschützung des Rechtes im Frieden. Freund sind sie dem Freunde der Familie, 
aber auch Feinde dem Widersacher derselben; dies ist ihre Pflicht und ihr Wahl- 
spruch; doch jeder Streit kann beigelegt werden, selbst Todtschlag, durch Gaben 
von Vieh an die Familie oder Verwandtschaft. Sie lieben die Gastmähler und 
zechen oft tief in die Nacht hinein, ihr Getränk ist Gebräu aus Gerste oder an¬ 
derem Getreide, ihre Speise wildes Obst, geronnene Milch, vorzüglich Wildpret. 
Sie sind dabei fröhlich und offen; daher Gastmähler ihnen auch diese Zeit die geeig¬ 
netste zu Berathschlagungen sowohl für häusliche als politische wichtige Angele¬ 
genheiten, aber den Beschluß fassen sie gewöhnlich erst am folgenden Tage bei 
voller Besonnenheit. Leider entstehen bei Uebermaß des Getränkes oft Hader 
und Streit, selbst Wunden und Todtschlag, denn leicht und schnell lodert ihr 
Zorn empor, doch nicht dauernd. Gastfrei sind sie gegen Fremde, oft erhält dieser 
noch ein Geschenk oder ergibt eines. Schauspiele sieht man nicht, außer den 
Tanz der Jünglinge, in den sie sich zwischen Spieße und Schwerter ohne Be¬ 
kleidung stürzen; ihr Lohn ist der Beifall der Zuschauer. Mit Leidenschaft be¬ 
treiben sie auch das Würfelspiel, auf dem letzten Wurfe steht oft sogar persönliche 
Freiheit, willig geht der Unglückliche in die Knechtschaft. Zur Familie gehören
	        
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