Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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im Reiche ausbrach; die Avaren behielten die Oberhand und trieben 9000 Bul¬ 
garen sammt Weibern und Kindern aus Pannonien. Diese Flüchtlinge baten 
den König Dagobert um Sitze im Frankenreiche; er befahl ihnen, indessen zur 
Winterszeit in Baiern ihren Aufenthalt zu nehmen, bis er über ihre Bitte 
einen Entschluß gefaßt haben würde. Dies geschah auch; aber schnell erschien 
von ihm der grausame Befehl an die Baiern, alle Bulgaren in ihren zerstreuten 
Wohnungen in Einer Nacht zu ermorden. Sie vollzogen denselben auch, und 
nur 700 Männer, Weiber und Kinder retteten sich über die Berge zu den Sla¬ 
ven, deren Herzog Walluch sie gütig aufnahm und ihnen Sitze verschaffte1). 
Dieses grauenvolle Schauspiel mag sich in unseren Gegenden zugetragen haben; 
denn östlich von den Baiern in Pannonien saßen eigentlich die Avaren2), der 
nächste Weg der Flucht für die Bulgaren in das Frankenland war durch Baiern, 
durch unsere Gegenden oberhalb der Enns; anderswo wären sie ohnehin zuerst 
zu slavischen Völkern gekommen, wo sie Aufnahme gefunden hätten; in Baiern 
verweilten sie, und jenseits unserer südlichen Berge in der jetzigen Steier¬ 
mark waren schon carantanische Slaven, zu denen sie sich am schnellsten flüchten 
konnten, über den Pyrn oder andere Berge, besonders jene, die dort zunächst 
gelagert waren. Von den ferneren Gegenden Baierns, z. B. am Inn oder Lech, 
hätten sie einen ziemlich weiten Weg zu den Slaven gehabt und wären auf der 
Flucht noch leicht eingeholt und niedergehauen worden. Dieses Ereigniß fiel bald 
nach 630 vor, als die Slaven schon feindlich gegen die Franken gesinnt waren, 
deren Opfer sie nun retteten. 
 
§. 27. 
 
Verbreitung  Slaven im Lande ob der Enns. 
 
Die Slaven waren um diese Zeit von den südlicheren Gegenden schon weit 
gegen Norden vorwärts gedrungen, sowohl in der Steiermark, wie so viele, offen¬ 
bar alt-slavische Ortsnamen beweisen, als auch im Lande ob der Enns selbst, 
bis zur oberen Traun, zur Steyer und an der Enns herab. Dies geschah wohl 
schon vor 630, als die Slaven und Baiern in friedlichem Verhältnisse standen, 
auch mögen sich manche zur Zeit von Samo's Macht dort Wohnsitze errungen 
haben. Wir finden nämlich schon in sehr alter Zeit auch hier Ortschaften mit 
slavischer Benennung, die ihren Ursprung von jenem Volke herleiten und sich 
an dergleichen Niederlassungen in der nördlichen Steiermark anschließen; z. B. 
an der oberen Traun der Slan-bach (von Sla n, Salz),die Pötschen 
in dieser Gegend, Zimitz bei Ischl; dann diesseits des Pyrn das alte Win- 
-------  
1) Fredegarius, c. 72. 
2) Eckart Franc. orient, I. 149.
	        
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