Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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gegen Mittag die Burgunder und gegen Norden die Thüringer1). Venan- 
rius Fortunatus, der sein Vaterland Italien einige Jahre vor dem Ein¬ 
dringen der Longobarden daselbst im J. 568 verließ, um sich zum fränkischen 
K. Sigibert zu begeben, zählt die Flüsse und Länder auf, durch welche er 
ziehen muß, um zu den Franken zu kommen, und sagt, daß er die Drau in No- 
rikum, den Inn bei Breonen, den Lech bei B ojoarien, die Donau in Aleman- 
nien und den Rhein in Germanien überschritten habe2). Es ist also gewiß, daß 
um die Mitte des sechsten Jahrhunderts Baiern schon in jenen Gegenden vor¬ 
handen waren; allein sie saßen wohl schon länger da; denn es ist in jener 
Stelle nicht etwa von ihrer Einwanderung oder Ankunft die Rede; man rückt 
daher diese mit Recht noch höher hinauf. Allein Einige wollen gar ihre Ankunft 
schon bald nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts, beiläufig um 473 ansetzen. 
Vorzüglich wird dieses von Manso in seiner Geschichte der Ostgothen 3) und in 
dem Versuche einer Würdigung der verschiedenen Meinungen über die Abstam- 
mung der Baiern behauptet4). Beide stellen närnlich die Ansicht auf, daß in 
jener oben citirten Stelle aus Jornandes5), dieser nicht von seiner Zeit 
spreche, sondern einen Auszug aus dem älteren, gleichzeitigen Cassiodor liefere, 
welcher die Sitze der Völker (also auch der Baiern) in Beziehung auf die 
Unternehmung des Ostgothen Theodemir, des Vaters des großen Theodorich, 
da er die Alemannen und Sueven überfiel und besiegte, berichte, wo also die 
Baiern schon um das J. 472 erwähnt werden. 
Allein so frühe waren wohl die Baiern nicht in jenen Gegenden; diese 
Stelle ist nur ein Zusatz des Jornandes, der jene Gegenden näher bestimmen 
will, er spricht von seiner Zeit, wie es damals war, und die Völkerstellung 
paßt durchaus nur für die Mitte des sechsten Jahrhunderts; nur mag er ge¬ 
meint haben, daß es um 472 auch schon so gewesen sey. Im Leben des heiligen 
Severin, wo von Einfällen der Alemannen und Thüringer, auch nach 472, die 
Rede ist, geschieht von Baiern ganz und gar keine Erwähnung, und daß 
dieselben um diese Zeit dorthin gesetzt worden seyn sollen, ist eine bloße 
Annahme. Aber dies ist wenigstens sehr wahrscheinlich, daß sie schon im 
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1) Jornandes de rebus gothicis c. 55. Nam regio illa Suevorum ab Oriente B a varios 
habet; ab occidente Francos etc. 
2) In bibliotheca maxima patrum veterum Lugduni, 1677 Tom. X. pag, 623. De Ravenna I 
progrediens etc. Dravum Notico , Oenum Breonis , Liccum Bajoria, Danubium Alemannia, 
Rhenum Germania transiens. Und in seiner vita S. Martini lib. IV. sagt er: Si vacat ire viam, 
neque te Baivarius obstat etc. 
3) Breslau 1824 S. 331. 
4) Neuburg 1842 S. 3, 25, 32. 
5). C. 55. Regio illa Suevorum ab Oriente Baiobaros habet, ab occidente Francos, a meridie 
Burgundiones a septentrione Thuringos.
	        
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