Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Zweifel erhaben sey, aber die Sache selbst glaubt er doch, weil wenigstens ohne 
mündliche Ueberlieferung von einem alten Metropolitansitze zu Lorch 
die späteren Bischöfe von Passau nicht hätten behaupten können, daß jemals ein 
solcher dort gewesen sey.— Was nun dies Letztere betrifft, so müssen wir be¬ 
merken, daß sogenannte, noch dazu unbekannte, Ueberlieferungen keinen geschicht¬ 
lichen Beweis liefern; denn gerade in der Geschichte von Lorch gibt es deren 
mehrere, die freilich auch lange genug geglaubt wurden, und doch offenbar un¬ 
richtig sind, z. B. die Nachrichten überden Kaiser Philipp und seine ungeheuren 
Schenkungen an die Lorcherkirche, über seinen Sohn Quirin als Erzbischof da- 
selbst, vom apostolischen Ursprünge dieser Kirche, vom heil. Maximilian u. s. w. 
Die Behauptungen der Passauer Bischöfe nach vier oder fünf Jahrhunderten, 
in Ansehung der Metropole zu Lorch, nach einer so lange verflossenen Zeit, in der 
so viele Sagen erst entstanden, die man denn auch als historische Quelle zu be¬ 
nützen suchte, beruhen auf gar keinem geschichtlichen Boden, und zuletzt wohl 
nur auf Urkunden, die in jenen unkritischen Zeiten, während des Streites zwi¬ 
schen Salzburg und Passau zu Tage gefördert wurden, wie dies jetzt wohl unter 
den Gelehrten kaum mehr einem Zweifel unterliegt. Und war nur einmal eine 
solche Urkunde oder Bulle für richtig gehalten, aus Irrthum, Unwissenheit oder 
anderen Absichten, so blieb sie auch als solche; man bauete immerfort darauf, 
berief sich auf dieselbe, bestätigte sie neuerdings, weil man sich consequent bleiben 
wollte. Selbst auch die bekannte erdichtete Erzählung vom römischen Kaiser 
Philipp und seinem Sohne Quirin diente in späteren Jahrhunderten noch den 
Passauern, sie beriefen sich zu mehreren Malen darauf, als die Herzoge von 
Barern sich als die ersten Stifter des Bisthums Passau wollten geltend 
machen 1). Und dies ist bei Passau auch in Urkunden, weltliche Dinge betreffend, 
der Fall2), und wie viele unterschobene Urkunden von Klöstern und Weltlichen 
gibt es nicht aus jenen älteren Zeiten! 
Es ist auch bekannt genug, welche Schlüsse man aus den falschen Dekre- 
talen zog, welche bedeutende Rechte man auf dieselben stützte und wie es jn 
jenen Jahrhunderten Niemandem einfiel, die Richtigkeit und Wahrheit derselben 
zu bestreiten oder zu bezweifeln, welches erst den folgenden Jahrhunderten, den 
neueren Zeiten, aufbehalten war. 
Will man wahre Geschichte haben, so muß man sehr sicher gehen, sonst bauet 
man ein Gebäude ohne festen Grund; der besonnene, billige Historiker wird in 
manchen Fällen die Möglichkeit des Gegentheiles nicht bestreiten, 
aber die Wahrheit und Wirklichkeit desselben nicht zugeben können, so lange nicht 
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1) Buchinger's Geschichte von Paffau, München 1816, I. B. S. 70. 
2) Filz letztes Wort über Rupert's Seitalter, S. 72, 73.
	        
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