Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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den Zerstörungen und Verwüstungen allein nun übrig? 
Es ist wohl in der Lebensbeschreibung Severins vom Untergange dieser 
Stadt insbesondere keine Rede, und nach dem Abzuge jener römischen 
Flüchtlinge wird es nie mehr erwähnt; allein derselbe ist offenbar in den 
allgemeinen Ausdrücken enthalten, die in jener Lebensbeschreibung von der Ver¬ 
wüstung der Städte und Burgen unseres Landes vorkommen: post exci¬ 
dium oppidorum in superiore parte danubii1); dum ad- 
huc Norici ripensis oppida superiora constarent2), 
diese Ausdrücke setzen bestimmt voraus, daß damals wenigstens, als Eugippius 
Severins Leben beschrieb, um 510, die Städte und Burgen des Landes ob der 
Enns bis zum Inn (denn so weit reichte das Ufernorikum), und zwar schon 
seit längerer Zeit nicht mehr bestanden, also verlassen und wüste 
waren; sollte wohl da Lauriacum, welches ebenfalls darunter gehörte, eine 
Ausnahme gemacht und mitten unter den Gräueln der Verwüstung, sowohl im 
Lande ob als unter der Enns, gerettet worden seyn? Dies ist nicht denkbar; 
der König der Rugier sah für die Flüchtlinge im festen Lauriacum keinen 
Schutz gegen die Feinde, wie sollte nun, nachdem die meisten Krieger abgezogen 
waren, für die Bewohner mehr Sicherheit gegen die feindlichen Alemannen, 
welche die Stadt ohnehin schon früher erobern wollten, gewesen seyn? sie mußten 
jedem Sturme um so schneller unterliegen. Selbst Severin sagte schon, als 
Batavis verlassen wurde, voraus, daß auch Lauriacum bald würde geräumt 
werden müssen 3), was wohl zunächst von den römischen Flüchtlingen zu ver¬ 
stehen seyn mag, aber doch auch von den anderen, ohne allen Schutz gelassenen 
Bewohnern gesagt seyn konnte. Sehr wahrscheinlich zogen dieselben, die ja 
auch, wenigstens größtentheils, Römer waren, damals oder später frei¬ 
willig in die Gegenden unterhalb der Enns in das rugische Reich hinab und 
siedelten sich dort an. Gewiß ist es, daß der Bischof Constantius hinabzog, 
wahrscheinlich nach Favianis, wo er noch einige Jahre lebte4); sollte er wohl 
seine Gemeinde verlassen haben, oder ist es nicht viel natürlicher, daß sie mit¬ 
sammen einen Platz verließen, wo ihnen täglich der unvermeidliche Untergang 
drohte? 
Ob übrigens sie selbst bei ihrem Abzuge die Stadt zerstörten oder ob die¬ 
selbe durch die Alemannen verwüstet wurde, ist nicht bekannt; aber die sehr 
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1) Sectio XXVII. — 2) Sectio XII. 
3) L. c. Seetio XXVI. Mecum itaque ad oppidum Läuriacurti congregati descendite - 
quamvis et illud oppidum quo pergimus, ingruentibus barbaris sit quantocius 
relinquendum; hinc tamen nunc pariter discedamus. 
4) Vita S. Antonii Lirinensis conscripta ab Ennodio episcopo Ticinensi in maxima biblio¬ 
theca patrum veterum T. XI, p. 393.
	        
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