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geständnissen oder mit einer formellen Zweiteilung der Reichs-
bank begnügen.
Auch, ist diese Opposition der Unabhängigen aus den
heterogensten Elementen zusammengesetzt. Kaum war der
alte Kossuth unter der Erde, da berief man schon seinen Sohn,
der bis zu fünfzig und einigen Jahren das Brot der Verban¬
nung mit dem Vater teilen mußte, als eine Art unabhängigen
Reklamepolitiker in die Heimat zurück. Franz Kossuth, der
bislang als biederer Ingenieur tätig war und für Politik auch
nicht das mindeste übrig hatte, sollte sich nun plötzlich — als
Erbe eines volkstümlichen Namens — zum aneifernden Vor¬
stand der Linksbewegung aufraffen und der Partei klare
Kampfziele weisen. In der Folge gehörte aber Kossuth jun.
zu denjenigen in der Unabhängigkeitspartei, die noch am
ehesten mit sich sprechen ließen. Der einzige Quell seiner
Unabhängigkeit war die Pietät für den Vater, seiner inneren
Veranlagung nach neigte er eher einer konservativen Gesin¬
nung zu, doch andererseits schien er auch nicht kontemplativ
genug, um sich wegen solcher Widersprüche hamletschen Zwei¬
feln hinzugeben. Bei weitem radikaler gabärdete sich Gabriel
Ugron, der seine eigene kleine Extrempartei bildete. Ugron
schrak in Verfolgung seiner ehrgeizigen Oppositionsprojekte
auch vor einer „Außenpolitik auf eigene Faust“ nicht zurück
und paktierte mit französischen Politikern. Hinter Kossuth
aber standen Illusionisten, Schreier und Geschäftsleute, standen
Liberale und Erzklerikale, Feudale und Demokraten in buntem
Durcheinander.* Bei einer größeren Homogenität der Personen
und Ziele hätte sich das dubiose Kampfmittel der Obstruktion
ganz gewiß erübrigt.
Schlimmer aber als das freimütige Bekenntnis zur staat¬
lichen Unabhängigkeit galt in Tiszas Augen die unberechen¬
bare Mittelstellung zwischen 1867 und 1848, wie sie die aus
der gemäßigten Opposition zur „Nationalpartei“ gewordene
Gruppe um den Grafen Albert Apponyi verkörperte. Hier be¬
rührten sich in der Tat die allergrößten wirtschaftlichen, staats¬
rechtlichen und weltanschaulichen Gegensätze. Apponyi selbst
stellt einen eigenartigen Zwischenfall des Konservativen und
Portschrittliehen dar, der die verwirrenden Verschachtelun¬
gen und Windungen seiner Gedankengänge durch glanzvolle
oratorische Eingebungen zu überwölben weiß und der sich
später gern damit brüstet, der einzige Politiker auf 67er Grund¬
lage zu sein, der puncto Heeresforderungen — aus „national-
Erönyi: Graf Tisza.
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