7.
IN DER WAHLRECHTSFALLE
„Wir müssen jedermann „Bands
off!“ zurnfen, der die territoriale Inte¬
grität oder, die dualistische und pari¬
tätische Stellung des ungarischen Staa¬
tes antast eVc
Etwas ist brüchig geworden. Zwar rattert das Räderwerk
der ungarischen Politik fort, die Kräfteverhältnisse sind unver¬
ändert geblieben, Tisza stützt sich nach wie vor auf die impo¬
sante Mehrheit seiner Partei. Die Opposition stellt wohl der
Regierungspolitik recht häutig ein Bein, aber außenpolitische
Rücksichten und Kriegsinteressen werden doch — sieht man
von der Kärolyischen Klique ab, die sich immer schranken¬
loser von den pazifistischen Wellen forttreiben läßt — nach
Tunlichkeit gewahrt. Und doch findet sich die Führung neuen
Hürden gegenüber, ist auf ein behutsameres Tempo angewie¬
sen, fühlt sich in ihrer Machtvollkommenheit — wenn auch
noch nicht faktisch, so immerhin gefühlsmäßig — beengt. Es
wird mit Maß und Takt .angegriffen, doch der Kampf mutet
irgendwie hinterlistiger an, droht mit unberechenbaren Über¬
raschungen, mit noch unausgespielten Atouts. Die frühere
Rückdeckung aus Wien fehlt, die Gegner haben an Selbst¬
bewußtsein augenfällig gewonnen. Es ist, als ob sich nun die
internen Empfangsräume in der Wiener Hofburg allen parla¬
mentarischen Schwätzern und Projektanten öffnen würden.
Aber auch auf außenpolitischem Gebiete vermißt man das
alte, erprobte Zusammenwirken. Graf Czernin ist ein warm¬
herziger Freund, aber kein zuverlässiger Mitspieler. Der füg¬
same Bukarester Gesandte von gestern ist plötzlich flügge ge¬
worden. In der Sondierung der Friedensmöglichkeiten verfolgt
er seine eigenen, unkontrollierbaren Wege, schielt gern zugleich
nach rechts und links, neigt stets ein wenig zum Hasardspiel.
21*