Volltext: Graf Stefan Tisza

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Logik seiner Beweisführung nie zu den hervorragendsten 
parlamentarischen Rednern. Seine übrige heftige Agitation 
gegen die Willkürakte des Absolutismus führt zu einer strengen 
Hausdurchsuchung im Geszter Kastell. 
Unter der Einwirkung der Schlappen, die sich das öster¬ 
reichische Heer in Italien holte, wird der Absolutismus Bachs 
1860 durch die konstitutionellen Verheißungen des Oktober¬ 
diploms abgelöst, und es beginnen sich nun auch in Ungarn 
nach der maßlosen Depression von elf Jahren neue Hoffnun¬ 
gen zu regen. Die Zeit, da die größten magyarischen Dichter 
ihren Schmerz in allegorische Bilder kleiden, sind zum Glück 
vorüber. Man erwartet alles von dem für das Frühjahr 1861 
einberufenen Landtag, in den Koloman Tisza bereits als pro¬ 
minentes Mitglied der jungen politischen Garde einzieht. 
Wenige Wochen vorher hat er die Gräfin Ilona Degenfeld, den 
Abkömmling einer erst im achtzehnten Jahrhundert in Ungarn 
angesiedelten Hochadelsfamilie, geheiratet, mit der er bis zum 
Lebensende in harmonischer Ehe lebt. Das Ansehen des jungen 
Tisza erhellt schon aus der Tatsache, daß er ungeachtet seines 
kaum vollendeten einunddreißigsten Lebensjahres zum Vize¬ 
präsidenten des Hauses gewählt wird. Nach Wiederherstellung 
des konstitutionellen Lebens wäre die Kandidierung eines so 
jungen Politikers für diesen verantwortlichen Posten nicht 
mehr möglich gewesen. Aber die raschen Fortschrittsmöglich¬ 
keiten, die durch diese jäh erwachte politische Agilität erregt 
werden, züchten eine stolze Auswahl begabter Jungpolitiker 
heran. Tisza und Andrässy sind die Stärksten dieser Garde. 
Der kurze Landtag von 1861 steht bereits ganz im Zeichen 
' von Franz Deäks schöpferischer Tätigkeit, die der ferneren 
Entwicklung den Stempel aufdrücken soll. Aus dem Justiz¬ 
minister der revolutionären Kossuth-Regierung ist der be¬ 
dächtig schlichtende „alte Herr“ geworden, der sechs Jahre 
später die Nation mit ihrem Herrscher versöhnen und die 
Grundfeste für den Bau Österreich-Ungarns schaffen wird. 
Die vermittelnden Absichten Deäks und seiner „Adreßpartei“ 
befehdet der große Verbannte Kossuth aus der Ferne, daheim 
aber gehört Koloman Tisza, das Haupt der kriegerischen 
„Beschlußpartei“, zu ihren entschiedensten Gegnern. Er führt 
die Debatte mit scharfer Klinge zwar, doch stets ritterlich und 
behutsam. „Eine schwere, ja fast übermenschliche Aufgabe 
muß geleistet werden“, — heißt es in seiner ersten größeren 
Rede. „Da gilt es, mutig zu sein, in persönlichem sowohl als
	        
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