Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

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Von der alten und neuen Schule. 
5. Aeußere Verhältnisse. 
Um meine Darstellung zu ergänzen, muß ich auch auf die 
äußeren Verhältnisse zu sprechen kommen. 
Ich beginne mit dem Verhältnisse des Lehrers zu der 
Pfarrgeistlichkeit. Junge Lehrer, die dieses Verhältnis aus 
eigener Erfahrung nicht kennen, meinen vielfach, es sei dieses 
Verhältnis für den Lehrer drückend gewesen, der Lehrer 
sei nur ein Knecht der Priester gewesen, die über ihn 
geherrscht haben. In der Regel war das Verhältnis zwischen 
Geistlichkeit und Lehrer ein Freundschaftsverhältnis, gegründet 
auf gegenseitige Achtung. Der Lehrer sah in dem Pfarrer 
seine von Gott gesetzte geistliche Obrigkeit, der Pfarrer sah im 
Lehrer seine rechte Hand, und so wirkten sie liebevoll mit— 
sammen. Dieses freundschaftliche Verhältnis fand seinen äuße— 
ren Ausdruck in verschiedener Weise. Täglich vereinten sie 
sich gegen Abend mit anderen Gliedern der Pfarre ein paar 
Stunden zu freundlichen Gesprächen, zur Erholung. Mitein— 
ander machten sie an Ferialtagen Ausflüge in die Nachbar— 
schaft. Wie schon früher angedeutet wurde, hatte dieses Ver— 
hältnis für den Lehrer nur die gute Folge, daß das Ansehen 
des Pfarrers auch auf den Lehrer überging. Da die Schul— 
lehrer in der Regel mit Kindern gesegnet waren, so konnte 
ein Lehrer sicher darauf rechnen, weun es im eigenen Hause 
etwa an Milch oder dergleichen gebrach, daß er im Pfarrhofe 
freundliche Aushilfe finden werde. Kam es zum Studieren 
der Söhne des Schullehrers, so gab es Vorunterricht im Latein, 
Empfehlungen in der Stadt usw. Viele der Schullehrerssöhne 
traten in den geistlichen Stand, und so wurde ein neues Band 
zwischen Geistlichkeit und Lehrer geschaffen. 
Waren die Verhältnisse irgendwo nicht so freundschaftliche, 
so lag die Schuld entweder an einem oder an beiden. Nicht 
immer war etwa der Pfarrer die Schuld, sondern gar oft der 
Ldehrer oder beide. Es wird sich einmal bei der allgemeinen 
Abrechnung zeigen, wer mehr unter unexcquicklichen Verhält— 
nissen gelitten hat und wen die meiste Schuld trifft. Viese 
Verhältnisse waren zudem Ausnahmen 
Dem entgegen muß auf das Verhältnis zwischen Ober— 
und Unterlehrer hingewiesen werden. Auch hier war das Ver— 
hältnis nicht immer ein rosiges und auch hier lag die Schuld 
bald auf dieser und bald auf jener Seite. Ich glaube, es wird 
in dieser Beziehung heute nicht anders sein. Steht der Lehrer 
fest zu seinem Pfarrer, so wird er an ihm einen Freund 
haben; zieht er es vor, sich einzubilden, er stehe über dem 
Pfarrer, nun dann liegt eben an ihm die Schuld, wenn kein 
Freundschaftsverhältnis bestehen kann. Und die Herren Schul—
	        
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