Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

14 
Von der alten und neuen Schule. 
Es ist gewiß gut, wenn der Lehrer mehr weiß, als er in 
der Schule zu wissen braucht. Das haben die Lehrer der alten 
Schule ganz gut gewußt. Sie haben sich nach und nach Bücher 
angeschafft, geographische, geschichtliche oder Werke der schönen 
Literatur. Unser Schulmeister hatte eine ganz hübsche Bücher— 
sammlung. Der „Lehrer“, wie man dazumal den ˖Unterlehrer 
geheißen hat, lernte immer selbst weiter. Er unterrichtete sich 
im Zeichnen, er verfertigte einen Globus für die Schule. Jene 
jungen Lehrer, welche meinen, daß die alten Lehrer sich nicht 
selbst weiter gebildet haben, sind daher ganz im Irrtum. Ich 
wünsche nur, daß sich die Herren die Weiterbildung so ange— 
legen sein lassen, wie wir sie uns haben angelegen sein lassen. 
Andererseits, so gut ein großes Wissen ist, was nützt es 
dem Lehrer, wenn es sich darum handelt, lautieren zu lassen, 
Buchstaben schreiben zu lassen, das Einmaleins beizubringen 
usw. Das größte Wissen läßt ihn hier in Stich. Da hilft nur 
eine sichere Methode und viel Geduld. 
Gehen wir einen Schritt weiter zu Geschäftsleuten. Was 
braucht der Bäcker z. B. zu wissen. Er reicht mit den ein— 
fachsten Rechnungsarten aus, mit Lesen und Gedankenausdruck. 
Was nützt ihm zu seinem Gewerbe Naturlehre, Geographie, 
Zeichnen usp. Er wird wünschen, ein billiges Getreide zu 
kaufen, einen guten Müller zu haben; hat er das Gluͤck 
gehabt, das Mischen, Kneten usw. gut zu lernen, so wird er 
ein gutes Gebäck machen und damit hiureichende Kunden er— 
halten, und mit der Zeit wird er zu einem Vermögen kommen, 
wie die tägliche Erfahrung lehrt. Versteht er sein Geschäft 
nicht, backt er schlechtes Brot, so mag er dabei ein gelehrter 
Mann sein, es wird ihm deshalb niemand Brot abkaufen. 
Das gleiche gilt von anderen Gewerben. 
hab Das sind lauter Dinge, die mit der Schule nichts zu tun 
aben. 
„. Das soziale Elendy) in dem wir leben, die gewerbliche 
Misere kann nur durch das Christentum, nicht aber durch- die 
Volksschule beseitigt werden. 
Hier will ich nochmals auf die Kirche hinweisen, um zu 
zeigen, wie sie auch solche in ihre Pflege nimmt, weiche vom 
gewöhnlichen Schulunterricht und teilweise auch von der Er— 
lernung eines Gewerbes ausgeschlossen sind, das sind die 
Blinden und Taubstummen. die freisinnigen Lehrer Ober— 
österreichs, welche gerne von Finsternis, geistiger Knechtung 
und wie alle diese wohlfeilen Schlagwörter heißen, reden und 
schreiben, mögen auf das Blindeninstitut und auf das Taub— 
.An diesem hat vielfach die herrschende Genußsucht Schuld. Wenn 
man täglich schon im Vormittag in mehrere Gasthäuser geht und abends 
wieder, wie soll man da mit mäßigem Einkommen ausreichen?
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.