Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

10 Von der alten und neuen Schule. 
Heiligung so vieler in der Hand Gottes ein taug— 
liches Werkzeug zu sein?“ usw. 
Es ist das Angeführte nur die Hälfte von dem, wie Over— 
berg erklärt, was es heißt, Schullehrer zu sein. 
So stand der Lehrer auch vor den Kindern als einer, der 
im Auftrage Gottes und der weltlichen Obrigkeit lehrt, der ihr 
Vater, ihr Schutzengel, ihr Freund ist, von dem sie überzeugt 
waren, er wolle sie nicht bloß unterrichten, sondern, was weit 
mehr ist, er wolle sie im Vereine mit den Seelsorgern und 
Katecheten auf den rechten Weg zum Himmel führen und ihr 
ewiges Glück ihnen erreichen helfen. Daher denn auch die all— 
gemeine Achtung des Lehrers bei Eltern und Schülern, daher 
der Gehorsam der Kinder, die Anhänglichkeit über das Grab 
hinaus. Der Lehrer trat in die Schule — allgemeine Ruhe; 
der Lehrer wurde auf der Gasse, in der Ferne gesehen — all— 
gemeine Stille beim Spiele, wenn es auch vorher drunter und 
drüber ging. Daher das Vertrauen, das Eltern dem Lehrer 
auch in häuslichen Angelegenheiten schenkten. 
Kam das letzte Stündlein, so konnte sich der Lehrer ver— 
trauend zur Ruhe legen. Diejenigen, welche viele in der Ge— 
rechtigkeit unterweisen, werden glänzen wie die Sterne am 
Himmel, dieses Schriftwort, das in schweren Stunden des 
Lebens sein Stab war, dieses ist nun in der schwersten Stunde 
sein Anker. Er hofft das Wort des Herrn zu vernehmen, das 
zu dem getreuen Diener gesprochen werden wird und in dieser 
Hoffnung beschließt er sein Leben. 
Anders die konfessionslose Schule. Der Lehrer dieser Schule, 
der freisinnige Lehrer, wie sich die Herren selbst nennen, kennt 
nur eine Aufgabe in der Schule — den Unterricht. Der Mensch 
ist nach ihm nicht ein Wesen, das weit über der Tierwelt, 
zwischen dieser und der Geisterwelt, sondern nur ein weiter 
entwickelter Affe. Gott, Christentum, Himmel und Hölle sind 
mittelalterliche Dinge, an die ein aufgeklärter Mensch nicht 
mehr glaubt. Die Schule muß daher diejenigen, welche noch an 
diese veralteten Dinge glauben, von diesem Glauben erlösen, 
sie muß aus Christen Menschen machen. Daher das 
Bestreben, aus den Unterrichtsbüchern alles zu entfernen, was 
an Gott, Seele, Unsterblichkeit erinnert. Ich unterlasse es, dieses 
weiter auszuführen, da ja dieses alles bekannt ist. Aber auf 
die Folgen muß ich kommen. 
Da das neue Schulgesetz den Lehrer gleichsam von der 
Kirche losgelöst hat (ich sage gleich sam, denn jeder katho— 
lische Lehrer bleibt dessenungeachtet ein Glied dieser Kirche, der 
Pfarrer ist sein geistiges Oberhaupt, ob es der Lehrer aner— 
kennen will oder nicht) so hat es dem Lehrer auch das Ansehen 
und die Autorität genommen, die er durch sein früheres Ver—
	        
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