Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

Von der alten und neuen Schule. 
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welches Wesen hier auf Erden Gott dienen und nach dem Tode 
in der Ewigkeit für diesen Dienst die ewige Seligkeit erlangen soll. 
Dieser Auffassung nach, welche einzig und allein der Wahr— 
heit entspricht, stellte sich die alte Schule eine doppelte Aufgabe: 
1. Dem Kinde nicht bloß jenes Wissen zu geben, welches es zu 
seinem Fortkommen auf der Welt braucht, sondern auch 2. jedem 
Schüler jene Richtung zu geben, welche ihn zu der ewigen 
Seligkeit führt. Die alte Schule unterrichteéte nicht bloß, 
sie erzog auch die Kinder. 
Zur Erziehung, d. i. dem Willen des Kindes den rechten 
Zug, die rechte Richtung geben, waren die alten Lehrer auch 
befähigt, weil sie selbst richtig erzogen waren. Wer seibst keine 
Erziehung hat, kann auch nicht erziehen. 
Der alte Lehrer glaubte an einen Gott als allmächtigen 
Schöpfer, Erlöser und Heiligmacher. Aus diesem Glauben leitete 
er das Abhängigkeits- und Dienstverhältnis des Menschen zu 
Gott ab. Er sah daher im Unterrichte und in der Erziehung 
der Kinder die Aufgabe, die ihm von Gott für dieses Lebeuͤ 
gestellt war und er sah es als seine Pflicht an, den Unterricht 
in Einklang zu setzen mit der Erziehung, Unterricht und 
Erziehung so zu leiten, wie es der Wille Gottes ver— 
langt. Das Kind war dem Lehrer ein Wesen, für welches er 
gleich den Eltern einst wird Rechenschaft geben müssen; er 
sorgte daher, daß durch seine Schuld keines verloren gehe. 
Wunderbar schön hat B. Overberg in seiner „Anweisung zum 
zweckmäßigen Schulunterrichte für Schullehrer“) die Aufgabe 
des Schullehrers gezeichnet. Ich kann es mir nicht versagen, 
im Auszuge einiges mitzuteilen. Er sagt: „Ich bin Schul— 
lehrer, d. h. ich bin von Gott dazu berufen; ich bin von 
meiner Obrigkeit dazu angeordnet; ich werde von der Gemeinde 
dazu unterhalten; ich habe mich mit einem Eide dazu verbunden, 
zu sein ein Lehrer nützlicher Wahrheit, ein Erzieher zur wahren 
Weisheit und Gottesfurcht — nicht nur bei einem, zwei oder 
drei Kindern, sondern bei einer ganzen Schule. ..““ „Je 
größer die Menge der Schuüler, desto größer meine 
Verantwortung“ „Ich bin Schullehrer, d. h. ich soll 
Stelle aller Eltern vertreten . . . . . Welches Vaterherz, 
welche Vatersorgfalt muß ich also haben!“ „Ich 
bin Schullehrer, d. h. mir ist die Pflanzschule“ der 
Gemeinde anvertraut . .“ „Ich bin Schullehrer, d. h. 
ich bin von Gott bei den mir anvertrauten Kindern sozusagen 
zu ihrem sichtbaren Schutzengel verordne 
Sollte ich nicht auch heilig sein müssen, um zur 
9 8., Auflage. Münster 1844, in der Aschendorffschen Buchhandlung. 
Ich setze dieses her, um Lehrer, die eine richtige Auffassung ihres Berufes 
haben, auf dieses Buch aufmerksam zu machen
	        
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