Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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Zukunft wurde er als der Mann des Thronfolgers an 
gesehen. 
Aber Conrad hatte es dann durchaus nicht leicht. Wäh 
rend der der Annexion Bosniens folgenden Krise kämpfte 
Franz Ferdinand um den Oberbefehl in einem Kriege 
gegen Serbien. Franz Joseph wollte es aber nicht. Das 
Mißtrauen Franz Ferdinands kehrte sich nun gegen Con 
rad; er beschuldigte ihn, daß er hinter seinem Rücken 
intrigierte. Nach Czernins Tagebüchern war eben der 
Thronfolger „ein ganzer Krater neronischer Leidenschaf 
ten“. Er nahm Conrad ins Kreuzverhör und bemerkte 
dann spitz: „Ich wollte nur sehen, ob Sie mir alles sagen.“ 
Worauf die Antwort lautete: „Ich sage Ihnen alles, was 
ich Ihnen sagen darf.“ Dann wurde General Szaszkiewicz 
als eine Art Aufseher bestellt, der Conrads strategische 
Anordnungen kontrollieren sollte. Dieser nahm das übel. 
Der Erzherzog ging einmal mit großen Schritten im Zim 
mer auf und ab und rief aus: „Wenn ich Armeeober 
kommandant werde, dann mache ich, was ich will. Wehe, 
wenn jemand etwas anderes tut. Die lasse ich dann alle 
füsilieren!“ Conrad antwortete, daß er durchaus nicht 
an seinem Posten klebte. Hierauf wurde er freundlich 
gebeten zu bleiben. 
Ein anderer Anlaß zu Reibungen war Conrads Drängen 
auf einen Präventivkrieg gegen Serbien. Vielleicht hatte 
er in der Voraussicht recht, daß der Krieg ja doch un 
vermeidlich und der Augenblick damals günstiger wäre 
als der im Jahre 1914. Er warf dem Erzherzog vor, daß 
er vor dem Krieg zurückschreckte, und schrieb dessen 
Wandlung dem Einfluß der slawischen Gattin zu, womit 
er aber vollkommen unrecht hatte. 
Franz Ferdinand war aber ein Mann von wandelbarer 
Laune, und so sehen wir ihn denn ein anderesmal mit 
Conrad die italienische Grenze abfahren, eine Reise, die 
Italiens Mißvergnügen erregte. Sie standen nun auf dem
	        
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