Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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Verachtete auch Franz Ferdinand die große Welt, so war 
er doch sehr empfänglich für Aufmerksamkeiten, die sei 
ner Gattin erwiesen wurden. Königin Elisabeth von Ru 
mänien, die romantische Carmen Sylva, gewann sein 
Herz, als sie sie beide nach Sinaia einlud. Einer gemein 
samen Feindseligkeit gegen Ungarn war es zuzuschreiben, 
daß König Carol dem zugestimmt hatte. In Berlin hul 
digte ihr Kaiser Wilhelm, doch dessen Gattin blieb kalt 
und abweisend. 
Man sagte noch immer, Franz Ferdinands Bestehen auf 
dieser Ehe wäre unklug gewesen. Niemand glaubte, daß er 
an seinem Verzicht für die Kinder festhalten würde. Die 
Religion stand gewiß einem Eidbruch entgegen, aber viel 
leicht fand die Staatsraison Mittel, über die Schwierig 
keiten hinwegzukommen. Ein Gefühl der Unsicherheit 
herrschte. Man mußte nicht nur mit Franz Ferdinand 
rechnen. Audi der maßlose Ehrgeiz und der Verstand 
seiner Gattin waren in Betracht zu ziehen. Doch seither 
an den Tag gekommenes Material beweist, daß der Erz 
herzog seinen Eid gehalten hätte. 
Kaiser Wilhelm wäre nicht abgeneigt gewesen, den älte 
sten Sohn des Paares, Max, zum Herzog von Lothringen 
zu erheben. So wäre Max ein Bundesfürst geworden, was 
Franz Ferdinand zu ewigem Dank verpflichtet hätte. 
Doch als der Gedanke nach dem Tode Franz Ferdinands 
wieder angeregt wurde, stieß er auf entschiedene Ab 
lehnung. 
Ein Gutes hat die Eheschließung doch gehabt. Sie hatte 
wohl die Zeit politischer Ausschaltung, die früher durch 
die Krankheit Franz Ferdinands bedingt gewesen war, 
verlängert, ihn aber doch eine Partie durchzukämpfen 
gezwungen und seine eigene latente Stärke kennen ge 
lehrt.
	        
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