Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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terkonferenz in Erinnerung gebracht, daß sich ihr Haft 
befehl nur auf den Kaiser erstreckt hätte, die Kaiserin 
daher Herrin ihrer Entschlüsse wäre. Sie hätte vollkom 
mene Bewegungsfreiheit. Zwei Tage später protestierte 
die ungarische Gesandtschaft. Die Botschafterkonferenz 
verlangte nun von der Schweizer Regierung, sie möge die 
Verantwortung dafür übernehmen, daß die Kaiserin 
nicht versuchen würde, mit dem Kronprinzen nach Ungarn 
zu kommen. Die Schweiz lehnte das ab. Die Kaiserin 
erbot sich nun zur Annahme jeder Bedingung, wenn man 
ihr nur erlaubte, ans Krankenbett ihres Kindes zu eilen. 
Schließlich erteilte die ängstliche Schweizer Regierung die 
Einreisebewilligung unter folgenden strengen Bedingun 
gen: i. Keine männliche Begleitung. 2. Die Kaiserin hat 
sich im Zürcher Spital aufzuhalten. 3. Sie darf nur Ver 
wandte, keine andern Besucher empfangen. 4. Sie steht 
während ihres Aufenthaltes unter polizeilicher Über 
wachung. 5. Sie hat abzureisen, sobald ihr Sohn außer 
Gefahr ist. 
Die Operation fand am 14. Januar 1922 statt. Schon am 
16. erhob die Kleine Entente von neuem ihr Geschrei. 
Sie behauptete, die Kaiserin wäre mit dem Kronprinzen 
bereits in Wien. Das wurde dementiert, aber trotzdem 
ließen sich Prag und Belgrad nicht abhalten, Vorstellun 
gen zu erheben. Die Botschafterkonferenz ließ dem Kai 
ser durch die Portugiesen und der Kaiserin durch die 
Schweizer „mit einer Internierung auf einer noch entlege 
neren Insel als Madeira“ drohen, wenn irgend ein neuer 
Versuch mit Ungarn gemacht würde. Der Schweizer, der 
der Kaiserin diese Drohung am Krankenbette ihres Soh 
nes zu übermitteln hatte, schämte sich seines Auftrages. 
Um die Angst der Kleinen Entente zu beschwichtigen, 
beschloß die Kaiserin, trotz ihren Sorgen um das kranke 
Kind, ihren Aufenthalt vorzeitig abzubrechen. Da sie in 
anderen Umständen war, schrak sie vor der langen Reise
	        
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