Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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müßte, die ihrer in den schweren Tagen, die kommen 
würden, bedürften. Die Kaiserin erwiderte ruhig: ,Ver 
suchen Sie es nicht, mich abzubringen. Ich bin fest ent 
schlossen mitzufliegen. Den Kindern wird hier in der 
Schweiz sicher nichts geschehendann bleiben sie ja unter 
der Obhut der Großmama und der Gräfin Kerssenbrock; 
es kann ihnen nichts geschehen. Der Kaiser aber setzt sich 
Gefahren aus. Meine Pflicht als Gattin ist höher als die 
der Mutter. Ich muß auf jeden Fall dort sein, wo es ge 
fährlich ist, also versuchen Sie es nicht, mir die Gefahren 
zu schildern. Das würde mich nur in meinem Beschluß 
bekräftigen. f 
Ich sah mich von dieser Seite entwaffnet. So machte ich 
darauf aufmerksam y daß man auch mit der Möglichkeit 
einer Notlandung rechnen müßte. In diesem Falle würde 
es für Seine Majestät leichter sein, unerkannt zu entkom 
men, wenn er nicht von Ihrer Majestät begleitet wäre. 
Die Gegenwart Ihrer Majestät könnte möglicherweise den 
Erfolg des ganzen Unternehmens gefährden. Aber Ihre 
Majestät erwiderte, daß sie vor der Revolution sogar in 
Wien gewöhnlich unerkannt durch die Straßen gegangen 
wäre und Einkäufe gemacht hätte. Ihre Anwesenheit 
würde im Gegenteil den Verdacht vom Kaiser abwenden, 
denn niemand würde damit rechnen, daß sie ihn beglei 
tete. Wenn man also in der Gesellschaft eine Dame sähe, 
würde niemand denken, daß sich auch der Kaiser dar 
unter befinden könnte. 
Ich fragte dann die Kaiserin, ob sie schon einmal geflogen 
wäre; als sie verneinte, gab ich meinem Zweifel Ausdruck, 
ob sie den langen Flug physisch aushalten würde. Diesen 
Zweifel wies sie mit einer Handbewegung und den Wor 
ten ab: fWenn ich es aushalten will, so kann ich es. c Ich 
wußte, daß sich kaum jemand so in der Hand hatte wie 
die Kaiserin. Schließlich erklärte sie: ,Ich bin Königin von 
Ungarn. Die Ungarn sind eine ritterliche Nation. Wenn
	        
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