Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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keit gibt, so kann niemand Kaiser Wilhelm auch nur den 
geringsten Vorwurf machen. Er war unter den Maßgeben 
den in Deutschland der einzige, der die Lage von allem 
Anfang an richtig erkannte und in den Friedensbestrebun 
gen gleich dachte wie ich. Doch er konnte mit seinem Wil 
len nicht durchdringen. Es wäre furchtbar, wenn man ge 
rade ihn nun verantwortlich machte. Wenn es nach ihm ge 
gangen wäre, so hätten wir schon längst den Frieden. 
Habe ich Ihnen nicht schon oft gesagt, wie einsichtsvoll 
Kaiser Wilhelm ist, in welch schwerer Lage er sich gegen 
über den politisch ganz falsch eingestellten preußischen 
Generälen und Staatsmännern befindet, und daß er den 
starren Siegfriedenswillen der Obersten Fleeresleitung 
schon immer als ein Verhängnis voraussah, daß er aber 
diesen Siegfriedenswillen nicht brechen konnte und auch 
nicht durfte? Kaiser Wilhelm hat die rechtzeitige Beendi 
gung des Krieges, vor dem Niederbruch des Reichs, durch 
Österreich erhofft. Daß er von meinen Friedensversuchen 
im Frühjahr 1917 offiziell nichts wissen durfte, ist doch 
selbstverständlich. Ja, Kaiser Wilhelm war immer ein 
sichtsvoll. Doch Einsicht wurde damals — Sie wissen es 
ja — als Hochverrat gegenüber dem eigenen Vaterland 
ausgelegt. Ich werde nicht anders und nicht weniger die 
Verantwortung zu tragen haben als Kaiser Wilhelm. Die 
wahren Schuldigen am Weltkrieg und an dessen Verlän 
gerung werden nicht nur frei ausgehen, sondern auch noch 
das Urteil über uns sprechen. — Ja, wir gehen einer 
schweren Zeit entgegen, aber den Kopf müssen wir hoch 
behalten. Und lernen Sie über Kaiser Wilhelm so denken, 
wie ich es tue und immer getan habe. Ich kann Ihnen nur 
sagen, daß wir immer treu zusammengehalten haben.“ 
Und ein Jahr früher, im September 1917, hatte Kaiser 
Karl gesagt: 
„Kaiser Wilhelm ist wie ein armer Gefangener in seinem 
Reich. Wenn es nach ihm ginge, so hätten wir schon lange
	        
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