Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

217 
Verteidigung Wilhelms II. 
Bei keiner Kritik der Alldeutschen darf übersehen wer 
den, daß Kaiser Wilhelm II. eine viel klügere Politik ver 
folgte, den Krieg nicht wollte und einer der wenigen ver 
nünftigen Staatsmänner seines Reiches war. Wie Kaiser 
Karl war auch er durch seine imperialistischen Windbeutel 
gehemmt. Hätte er machen können, was er wollte, 
so hätte er nie den unbeschränkten Unterseebootkrieg 
zugelassen. Da er ihn nun einmal hingenommen hatte, 
verteidigte er ihn laut und stürmisch, aber er war nicht 
sein Werk. 
Als Kaiser Wilhelm bei seinem Besuch in Laxenburg im 
Juli 1917 die leitenden österreichischen Staatsmänner emp 
fing, sollte Seidler auf Befehl Kaiser Karls die inneren 
Schwierigkeiten seines Vaterlandes und die Notwendig 
keit eines baldigen Friedensschlusses betonen. Kaiser Wil 
helm gab ihm aber hierzu keine Gelegenheit. Er hatte Kar 
ten und Statistiken mitgenommen, um die Gewißheit eines 
Erfolges des Unterseebootkrieges zu beweisen. Er sprach 
auch unablässig allein. Mr. Winston Churchill hatte einst 
mals die gleiche Erfahrung gemacht. Er erzählte mir, daß 
ihm der Kaiser eine lange Audienz gewährt, ihn aber 
nicht ein Wörtchen hatte anbringen lassen. 
Bei dem Besuche in Laxenburg bewies Wilhelm II. durch 
Gutheißung der Amnestie, um wie vieles er seinen eng 
stirnigen Ratgebern voraus war. 
Seit ich dies geschrieben, habe ich erfahren, daß Kaiser 
Karl ganz dieselbe Meinung von Kaiser Wilhelm hatte. 
Als das Ende schon vor der Tür stand, bemerkte Polzer, 
Kaiser Wilhelm würde die Verantwortung für die Un 
nachgiebigkeit Deutschlands zu tragen haben. Mit großer 
Lebhaftigkeit fiel ihm Kaiser Karl ins Wort: 
„Das dürfen Sie nicht sagen. Wenn es noch eine Gerechtig
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.