Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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Quertreibereien C z e r ni ns 
Czernin intrigierte nunmehr nicht nur mit Tisza und We- 
kerle, was gute Politik gewesen sein mag, sondern auch 
mit Sendlingen der Alldeutschen, die offene Feinde waren. 
Er unterhielt sich mit Ludendorff, der seine Annexions 
gelüste in bezug auf Österreich gar nicht verhehlte, und 
gestattete dem General von Cramon, dem bevollmächtig 
ten deutschen General beim österreichisch-ungarischen Ar 
meeoberkommando, sein Urteil über innenpolitische Fra 
gen abzugeben. So vertraute Czernin ihm an, er wäre 
„beinahe vom Stuhl gefallen“, als er von der kaiserlichen 
Amnestie gehört, und Cramon mißbilligte entschieden die 
Begnadigung der Tschechen, obgleich er behauptete, ihre 
Klagen zu kennen. Aber es kommt noch schöner. Nach 
Cramons Buch „Unser österreichisch-ungarischer Bundes 
genosse im Weltkrieg“ hatte sich Czernin zu einer Art 
Vasallenverhältnis der Monarchie zu Deutschland bereit 
gefunden. Auf seine — Cramons — Entgegnung, daß 
Kaiser Karl nie darein willigen würde, hätte Czernin ge 
sagt: „Lassen Sie das nur meine Sorge sein. Ich bringe den 
Kaiser schon so weit.“ 
Die Sache stand so, daß Czernin sich schon mit der Mög 
lichkeit eines Zusammenbruches seines Vaterlandes ab 
gefunden hatte und nur mehr an seine Zukunft dachte. Er 
beherrschte die Presse. Er war in Klubs und in der Gesell 
schaft außerordentlich geschäftig. Mit allen Mitteln, jedoch 
erfolglos, bemühte er sich, den Kaiser um seine Volkstüm 
lichkeit zu bringen. Ein in unmittelbarer Nähe Czernins 
arbeitender Fferr im Ministerium des Äußern äußerte sich 
einmal: „Er wird den Kaiser um sein ganzes Ansehen und 
auch noch um die Krone bringen.“ 
Graf Adalbert Sternberg schrieb schon im Frühjahr 1917, 
Czernin würde der erste sein, der am Kaiser Verrat üben
	        
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