Volltext: Das Chorherrenstift St. Florian [56/57]

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Sein Nachfolger, Propst Engelbert Hoffmann, ließ sich haupt 
sächlich die weitere Ausgestaltung der theologischen Studien angelegen 
sein. Er führte jetzt im Stifte selbst einen Kursus für spekulative 
Theologie ein. Etliche Jahrzehnte später wurde auch ein Lehrstuhl für 
I geistliche Beredsamkeit errichtet. Das wissenschaftliche Streben sollte 
durch öffentliche Disputationen angefeuert werden. Diese wurden ge 
wöhnlich vierteljährig gehalten. Doch waren die am Schluß des Schul 
jahres besonders glänzend: Nach dem Gottesdienste zog man in feier 
lichem Zuge in den festlich geschmückten Marmorsaal. Es erscheinen 
dazu auch gelehrte Gäste, meist Jesuiten und benachbarte Priester. 
Diese alle konnten sich an der Disputation beteiligen. 
Auch die Ausgestaltung der Bibliothek ließ sich Propst Engelbert 
angelegen sein. Die Aufklärungszeit machte sich dabei vor allem be 
merkbar, da im Ankauf die protestantisch-rationalistischen Werke über 
wiegen. 
Fast hätte die „Aufklärung 64 aber dem Stifte ein jähes Ende be 
reitet. Die Kulturarbeit, die das Stift im Laufe der Jahrhunderte ge 
leistet, ward von den oberflächlichen Aufklärungsmännern, die 
Kaiser Josef II. oft übel genug berieten, nicht gewürdigt. Zunächst 
\ wurde unter seiner Regierung die Zahl der Stiftskapitularen auf 18 be 
schränkt, dem Stift die sofortige Errichtung von 10 neuen Pfarreien, 
die Anstellung neuer Aushilfspriester, die Errichtung einer Anzahl neuer 
Schulen und Besoldung der Lehrpersonen aufgetragen. Der Landrat 
Eybl wollte aber das Kloster aufgehoben haben, um sich aus dessen 
Besitz zu bereichern. Er brachte den Antrag nach Aufhebung im Staats 
rat auch durch, da er geschickt den Augenblick abwartete, da Baron 
Haan, der das Stift kannte und schätzte, nicht im Staatsrat war. Die 
übrigen Staatsräte hatte Eybl nicht zu fürchten, da er sie als genug 
„aufgeklärt 66 kannte. Doch gelang es Baron Haan durch einen be 
sonderen Vortrag über das Stift vor dem Kaiser, diesen zur Zurück 
ziehung des Aufhebungsbeschlusses zu veranlassen. Als der Propst schon 
die Rede an die Aufhebungskommission konzipiert hatte, wurde am 
21. Oktober 1784 dem Kloster mitgeteilt, „daß Seine Majestät unter 
^ dem 7. September c. a. nachträglich verordnet habe, daß das Stift nicht 
ganz aufzuhören, sondern nur der Überschuß ad fundum Religionis ab 
zugeben und gegen Verrechnung zu führen, in der Seelsorge die Aushilfe 
noch weiter zu leisten, daher auch die Clerici und Studiosi nicht zu entlassen 
habe 66 . Natürlich mußten diese letzteren jetzt nach Wien in das General-
	        
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