Volltext: Das Chorherrenstift St. Florian [56/57]

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Fähigeren ausersehen können. Seine erste Tat war, eine schwere Last 
vom Kloster abzuwenden: das kaiserliche Spolienrecht. Nach dem Tode 
eines jedes Abtes wurde das erübrigte Geld, Getreide und Wein vom Herr* 
scher weggenommen. Propst Leopold, an der Spitze der oberösterreichi 
schen Klöster, veranlaßte nun den Kaiser gegen einen jährlichen Zins 
von 20.000 Gulden von seiten dieser Klöster auf das Spolienrecht zu 
verzichten. Im Krieg mußte diese Summe freilich verdoppelt werden. 
Bald darauf verstand der Propst auch das Vogteirecht über die wich 
tigsten Besitzungen des Stiftes in seine Hand zu bringen. Selbst einem 
angesehenen Florianer Bauernhause entstammend, genoß er auch das 
Vertrauen der aufständischen Bauern. Das Stift erlitt damals außer 
einigen erzwungenen Requisitionen ins Bauernlager nach Ebelsberg und 
Enns keinen größeren Schaden. Propst Leopold wurde von den Auf 
ständischen sogar meist als Unterhändler der Stände verlangt. Er war 
auch der erste Landrat aus dem Prälatenstande. Denn bisher war diese 
Stelle den Gliedern des Herren- und Ritterstandes Vorbehalten gewesen. 
Der Bischof ernannte ihn zu seinem Reformkommissär. Er hatte Lebens 
wandel und Lehre der Diözesangeistlichen zu überprüfen und Übel 
stände abzustellen. Die Berufung in die kaiserliche Reformkommission 
lehnte er ab. Obwohl ihn seine Geschäfte oft zwangen, fern vom Kloster 
zu sein, vernachlässigte er dieses keineswegs. Er sah auf asketisches und 
wissenschaftliches Streben seiner Chorherren in gleicher Weise. Bei 
seinem Regierungsantritte zählte die Stiftsbibliothek 486 Bände; 
25 Jahre darauf schon 3946. Den Bibliothekar hatte er nach Wien und 
Bologna zur Ausbildung geschickt. Die Stiftsschule wurde von ihm in 
eine Vorbereitungsschule für die Lateinkurse in Linz und Steyr um 
gewandelt. Die neue Lehre und ihre Schulen hatten die Stiftsschule 
entvölkert. Und als 1624 die protestantischen Schulmeister das Land 
verlassen mußten, da traten an ihre Stelle die Jesuiten. An der Stifts 
schule blieben nur die zwölf Sängerknaben — der Mode entsprechend 
wurden diese damals in eine hübsche Uniform gesteckt. Sie trugen einen 
blaßblauen Rock mit Silberborten, rote Weste, kurze Hose und rote 
Strümpfe — und etliche Knaben vom Markt und der Umgebung, die 
auf die Lateinkurse vorbereitet werden sollten. Einer der Chorherren 
erteilte in der Regel den Unterricht. Den theologischen Studien oblag 
ein Teil der „Jungherren“ im Hause selbst; andere wurden nach Wien, 
Graz, Krumau oder Ingolstadt geschickt. 
Die Überfülle der Arbeit hatte den Propst früher altern gemacht;
	        
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